Welches Bild haben Patienten von onkologischen Erkrankungen und Therapien?

Die erste jährliche Umfrage der ASCO – die National Cancer Opinion Survey – liefert Antworten.

Die erste jährliche Umfrage der ASCO – die National Cancer Opinion Survey – liefert Antworten.

Es ist hilfreich zu verstehen, was Patienten über Krebs wissen, von Therapien erwarten oder worin sie sich Unterstützung wünschen. Aus diesem Grunde wurde von einer der größten onkologischen Fachorganisationen, der ASCO (American Society of Clinical Oncology), eine jährliche landesweite Online-Umfrage ins Leben gerufen.
Die hinsichtlich Bildungsniveau, Einkommen, Alter, Geschlecht und weiteren Charakteristika repräsentative Stichprobe umfasste 4.016 Erwachsene, darunter 1.508 Krebsüberlebende oder Angehörige von Krebspatienten.

Vielen Patienten sind wichtige Risikofaktoren für Krebs nicht bewusst

Die vielleicht bedeutendste Erkenntnis aus dieser Umfrage ist: die Mehrheit der Amerikaner nimmt einige der Hauptrisikofaktoren für Krebs nicht als solche wahr, vor allem Übergewicht, welches bald das Rauchen als größte vermeidbare Krebsursache einholen wird. Ein erhöhter BMI geht mit einer größeren Wahrscheinlichkeit für verschiedene Tumorentitäten einher (siehe dazu auch unseren eigenen Beitrag).

Während Rauchen von 78 % der Patienten korrekt als Risikofaktor benannt wurde, sah es bei anderen modifizierbaren Lebensstilfaktoren durchwachsen aus. Gerade einmal 31 % wussten um den Zusammenhang zwischen Übergewicht und Neoplasien. Schätzungen des National Cancer Institute zufolge könnte es im Jahr 2030 eine halbe Million zusätzliche Krebsfälle geben, sollte sich der aktuelle Aufwärtstrend der Adipositas gleichbleibend fortsetzen.
Ebenfalls nur 30 % erkannten Alkohol als Risikofaktor für Krebs.

Risikofaktoren, die sich der individuellen Kontrolle entziehen, vor allem eine positive Familienanamnese (74 %) oder Spontanmutationen (53 %), sind dagegen in den Köpfen sehr präsent und wurden nach dem Rauchen mit am häufigsten für das Krebsrisiko verantwortlich gemacht, gefolgt von Umweltgiften (53 %). Nur 20 % schrieben Viren eine Erhöhung des Krebsrisikos zu.

Mehrheit tut zu wenig zur Prävention

Eine Folge dieser Zahlen ist, dass basale krebsvorbeugende Maßnahmen bei zu wenigen Menschen Bestandteil der Lebensweise sind. Die häufigsten zwei Schritte, die Leute zu tun angaben, um ihr Erkrankungsrisiko zu senken, waren Nichtrauchen (66 %) und viel Obst und Gemüse essen (50 %). Andere wichtige Punkte werden von der Mehrheit nicht umgesetzt – wie ausreichende körperliche Aktivität (48 %), ausgewogene Ernährung (z. B. kontrollierte Auswahl der Nahrungsfette 33 %), Halten des Normalgewichtes (41 %) und Beschränkung des Alkoholkonsums (38 %). Angehörige, die bei einer nahestehenden Person eine Krebserkrankung miterlebt hatten, unternahmen mehr zur Prävention als diejenigen, die keine Erfahrungen damit gesammelt hatten.

“Unsere Lebensweise hat einen großen Einfluss auf das Risiko für verschiedene häufige Krebsarten. Dass so wenigen Amerikanern klar ist, dass das Halten eines gesunden Körpergewichtes das Risiko für viele Tumoren senkt, sollte für uns ein Weckruf sein. Leider ist Übergewicht ein Problem, welches nicht über Nacht zu lösen ist und mit breiter gesellschaftlicher Beteiligung angegangen werden muss”, sagt ASCO Chefarzt Dr. Richard Schilsky.

Angst vor Krebs ist vorhanden

Die Mehrheit aller Befragten gab Angst davor an, eine Krebsdiagnose zu erhalten.
Die fünf meist geäußerten Ängste bezogen sich auf Leiden/ Schmerzen (58 %), Sterben (56 %), anderen zur Last fallen (52 %), Nebenwirkungen der Behandlung (52 %) und Verlust der Kontrolle über das Leben (50 %). 

Unter verschiedenen Tumorentitäten bewerteten die Teilnehmer das Pankreaskarzinom als am gefährlichsten und das Mammakarzinom als am „überleb-barsten“.

Finanzielle Hürden führen bei 27 % der Patienten zu riskanten Verhaltensweisen

Die meisten Amerikaner erhalten Versorgungsleistungen über eine private (46 %) oder öffentliche Versicherung (30 %). Hohe Behandlungskosten stellen für einen Teil der Befragten ein relevantes Hindernis dar. Einer von vier Krebspatienten oder Angehörigen gab bei der Umfrage an, bestimmte Dinge getan zu haben, um die Ausgaben zu senken – sei es, Arztbesuche nicht wahrzunehmen (9 %), auf Behandlungen zu verzichten (8 %), Rezepte verspätet oder gar nicht einzulösen (8 %), Dosen von Medikamenten auszulassen (8 %), Tabletten zu teilen (7 %) oder Medikamente aus dem Ausland zu besorgen (5 %).
Es ist schwer einzuschätzen, wie dies bei einer deutschen Umfrage ausfallen würde, aber natürlich ist es alarmierend, dass der Therapieerfolg oder gar das Leben aus solchen Gründen gefährdet werden.

Fast alle Befragten (92 %) wünschten sich, dass die Regierung etwas unternimmt, um die Kosten verschreibungspflichtiger Medikamente zu senken und 80 % sind dafür, dass der Einkauf von Medikamenten aus dem Ausland für US-Bürger legalisiert wird.

Patienten sprechen sich für mehr staatliche Investitionen in Krebsforschung aus

Fast alle Teilnehmer (91 %) bejahten substanzielle staatliche Investitionen und drei Viertel der Amerikaner befürworteten, dass mehr staatliche Förderung in Forschung zur Verbesserung von Diagnostik, Prävention und Therapie von Krebs fließen soll, selbst wenn dies höhere Steuern oder Vergrößerung des Defizits bedeuten würde.

Fazit

ASCO-Präsident Dr. Bruce Johnson schließt: “Es ist klar, dass es einige wichtige Lücken gibt, um die wir uns kümmern müssen – angefangen bei der Aufklärung der Bevölkerung über Prävention, über Auseinandersetzung mit den hohen Therapiekosten, bis hin zu Investitionen für Krebsforschung, die essentiell für die Verbesserung der Behandlungsergebnisse zukünftiger Patienten sind.“

Referenzen:
National Cancer Opinion Survey, Harris Poll on behalf of ASCO, 2017.
News Release: National Survey Reveals Most Americans Are Unaware of Key Cancer Risk Factors.