Auch für niedergelassene Ärzte kann es interessant sein, an Zulassungsstudien für neue Arzneimittel mitzuwirken. Allerdings sind damit einige organisatorische Anforderungen verbunden.
Kontrollierte Fall-Kontroll-Gruppenvergleiche (Phase III Studien) mit mehreren 100 Patienten sind zwingend erforderlich, um die therapeutische Wirksamkeit eines neuen Wirkstoffs beziehungsweise Arzneimittels abzusichern, bevor es zur (indikationsbezogenen) Marktzulassung kommt. Die meisten Studien werden von pharmazeutischen Unternehmen in die Wege geleitet, aber auch von Prüfärzten selbst initiierte Studien sind möglich (Investigator Initiated Trials, kurz: IIT). Sie können entweder aus öffentlichen Mitteln oder über Stiftungen und Vereine oder durch die Industrie finanziert werden.
Jede Studie muss zuvor vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) oder – im Falle von Impfstoffen und biomedizinischen Arzneimitteln - dem Paul Ehrlich Institut (PEI) genehmigt sein. Oft finden die klinischen Prüfungen in mehreren Prüfzentren statt, um die notwendige Probandenzahl erreichen zu können. Die Hauptverantwortung trägt der Sponsor, d.h. derjenige, der die Studie auf den Weg gebracht und für die Finanzierung gesorgt hat. Bei Multicenterstudien wird ein Leiter der klinischen Prüfung (LKP) benannt. Dieser setzt die Prüfärzte ein, die wiederum die Abläufe in den Prüfzentren verantworten. Bei IIT-Studien können der LKP und der Sponsor identisch sein.
Die allgemeinen Voraussetzungen, die für die Durchführung einer klinischen Prüfung gelten, sind im Arzneimittelgesetz geregelt (§ 40 AMG). Hierzu gehört, dass jede Studie vorab von einer Ethik-Kommission zustimmend bewertet worden sein muss und alle an der Studie beteiligten Personen, die Anforderungen der Good Clinical Practice (ICH/GCP Richtlinie) befolgen. Die Rechte, die Sicherheit und das Wohlbefinden der Probanden haben Vorrang gegenüber den wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Interessen. Die Anforderungen sind strenger geregelt als in der Routineversorgung. Das Studienprotokoll, in dem der Ablauf – einschließlich der Abbruchkriterien – beschrieben ist, muss eingehalten werden.
"In Arztpraxen gelten dieselben regulatorischen Anforderungen wie in Kliniken", macht Frank Hohmann deutlich, Vorsitzender des Bundesverbands der Study Nurses / Studienassistenten in der klinischen Forschung (BUVEBA). Dies bedeutet unter anderem, dass die beteiligten Ärzte ihre Prüferqualifikation gegenüber den Oberbehörden und der zuständigen Ethikkommission nachweisen müssen. Sie müssen dazu ein gültiges GCP-Zertifikat vorlegen sowie einen Lebenslauf, aus dem die Studienerfahrung hervorgeht. Gleiches gilt für die nicht-ärztlichen Mitglieder der Projektgruppe.
Die Aufgabenverteilung sollte klar geregelt sein. Hohmann: "Sinnvoll ist es, wenn eine zur Study Nurse weitergebildete Mitarbeiterin (MFA oder Krankenschwester) die Umsetzung von klinischen Prüfungen federführend überwacht und begleitet und bei organisatorischen Fragen ansprechbar ist." Die Studienunterlagen, Labormaterialien und die Prüfmedikation müssen sicher und zugangsbeschränkt aufbewahrt werden. Vor Vorteil sei ein separater Raum in der Praxis, in dem auch die Probanden und Studienmonitore empfangen werden können.
Stationäre Einrichtungen dominieren in der klinischen Forschung. Allerdings beobachtet Hohmann, dass Potenzial für eine stärkere Beteiligung von Arztpraxen besteht – ähnlich wie bei der ambulanten Behandlung in der Regelversorgung. Besonders gut seien Gemeinschaftspraxen geeignet, da es hier weniger Probleme bei der Vertreterregelung gäbe. Hohmann: "Führt ein Arzt in seiner Praxis allein Studien durch, muss er einen Stellvertreter mit vergleichbarer Qualifikation in einer anderen Praxis oder einem Krankenhaus finden."
Für die Teilnahme an einer Studie können neben den zusätzlichen Einnahmen, die mit dem erhöhten Aufwand gegengerechnet werden müssen, Interesse am wissenschaftlichen Fortschritt sowie ein breiteres Behandlungsangebot und Marketingeffekte sprechen. Aus Sicht des Sponsors, also des Hauptverantwortlichen, ist entscheidend, dass eine Praxis neben den organisatorischen und qualifikatorischen Voraussetzungen über hinreichend viele Patienten verfügt, die die indikationsspezifischen Einschlusskriterien erfüllen.