Unterschiedliche Systemtherapien bei urologischen Tumorerkrankungen stellten Experten auf einer Vortragssitzung beim Kongress der Deutschen Gesellschaft für Urologie in Dresden vor.
Von ersten Erfahrungen mit Atezolizumab im Rahmen des Compassionate-Use-Programs (CUP) beim Urothelkarzinom berichtete Christian Fuhrmann, Hannover. Das Urothelkarzinom ist eine der häufigsten malignen Erkrankungen des Urogenitaltraktes. Häufig erfolgt die Diagnose erst im metastasierte Stadium. Bisheriger Goldstandard in der Firstline-Therapie sind Gemcitabin/Cisplatin sowie MVAC-Schema (Methotrexat, Vinblastin, Adriamycin und Cisplatin), in der Secondline Vinflunin/Taxane.
In das CUP (PD-L1 Antikörper-Atezolizumab) an der Medizinischen Hochschule Hannover wurden 7 Patienten eingeschlossen: 6 Patienten nach Chemotherapie (TCC der Harnblase) und ein Patient „unfit for Platin“ (UTUC oberer Harntrakt). Alle Patienten erhielten 1.200 mg Atezolizumab alle 3 Wochen. Das mediane Überleben lag bei 8,3 Monaten, 5 Patienten sind gestorben, 2 Patienten befinden sich in laufender Therapie. Als Nebenwirkungen trat eine asyptomatische Hypothyreose auf, Nebenwirkungen Grad 3 und 4 gab es nicht.
Profitieren Patienten mit lokal fortgeschrittenen oder lymphogen metastasiertem Urothelkarzinom von einer Cisplatin-basierten Chemotherapie? Bei Patienten mit muskelinvasiven Urothelkarzinom und negativen klinischen Risikofaktoren ist das offenbar der Fall, wie die Ergebnisse zeigen, die Charlotte Düwel, München, vorstellte.
Das Problem ist die limitierte Datenlage für Patienten mit cT3/4 und cN+. Die S3-Leitlinie empfiehlt Patienten mit muskelinvasivem Harnblasenkarzinom über die Möglichkeiten einer neoadjuvanten oder adjuvanten Chemotherapie aufzuklären.
Düwel und Kollegen werteten die Daten von 61 Patienten (medianes Alter 63 Jahre) aus, das Follow-up lag median bei 24 Monaten, das Staging vor Chemotherapie ergab: 31 Patienten mit lokal fortgeschrittenem Tumor (cT3/4) sowie 30 Patienten mit Lymphknoten-Metastasierung cN+.
Dabei zeigte sich:
Patienten mit einem muskelinvasiven Urothelkarzinom und negativen klinischen Risikofaktoren (cT/4) cN+) haben nach induktiver Chemotherapie eine gute Prognose. Ein persistierender pN+-Status wiederum zeigt eine klare Assoziation mit einem schlechten karzinomspezifischen Überleben.
Monozentrische "real life"-Daten zur Wirksamkeit der Chemotherapie beim metastasierten Urothelkarzinom (mTCC) zeigte Christine Fischer, Marburg. Studienziel der retrospektiven Analyse war, die Wirksamkeit in Abhängigkeit von der Anzahl der Chemotherapien und die Wirksamkeit in Abhängigkeit von der Therapiesequenz zu untersuchen. Eine Zweitlinientherapie führten 85,4%, eine Drittlinientherapie (G/P) 40% und eine Viertlinientherapie 4,8% der Patienten durch.
In der Erstlinientherapie erhielten 50% der Patienten Gemcitabin/Cisplatin und 50% Gemcitabin/Carboplatin. In der Zweitlinientherapie erhielten 54,5% der Patienten Vinflunin (5,5 Zyklen) und 45,5% der Patienten Gemcitabin/Paclitaxel (2 Zyklen). In der Drittlinientherapie erhielten die Patienten Vinflunin (5Z) und G/P (4Z).
Das mediane Gesamtüberleben in Abhängigkeit von der Therapieanzahl lag
Insgesamt zeigen Chemotherapien beim mTCC eine gute Effektivität. Darüber hinaus ist Vinflunin in der Zweitlinie mit einem längerem mOS und einem besseren Ansprechen im Vergleich zu Gemcitabin/Paclitaxel bei vergleichbarer mPFS assoziiert.
In der CheckMate275-Studie wurde Nivolumab bei Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Urothelkarzinom untersucht, bei denen es während oder nach einer platinhaltigen Chemotherapie oder innerhalb von 12 Monaten nach einer neoadjuvanten oder adjuvanten platinhaltigen Chemotherapie zu einer Krankheitsprogression gekommen war. In der Studie wurden 270 Patienten intravenös mit Nivolumab 3mg/kg Körpergewicht alle zwei Wochen bis zur Krankheitsprogression oder inakzeptablen Toxizität behandelt.
Ein Update zur Wirksamkeit und Sicherheit und der Assoziation zwischen Biomarkern und dem Gesamtüberleben in CheckMate275 stellte Prof. Dr. Jens Bedke, Tübingen vor.
Die Wirksamkeit bei allen behandelten Patienten stimmte mit früheren Berichten dieser Studie überein und es wurden keine neuen Sicherheitssignale identifiziert. Es wurde ein dauerhaftes Ansprechen beobachtet, mit einer Mindestlaufzeit von 21 Monaten. Zu Baseline zirkulierende MDSCs und die PD-L1-Expression scheinen individuelle Biomarker mit klinischem Nutzen zu sein.
Zirkulierten zu Baseline nur geringe Mengen MDSCs, war das mit einem längeren Gesamtüberleben verbunden, verglichen mit hohen MDSCs zu Baseline. Das längste Gesamtüberleben wurde bei Patienten mit niedrigen MDSCs zu Baseline und hohem INF-y-Signaturwert beobachtet. Patienten mit zu Baseline hochgradig zirkulierenden MDSCs zeigten ein kürzeres Gesamtüberleben unabhängig von der PD-L1-Expression oder dem IFN-y-Signaturwert.
Zusammengesetzte Biomarker könnten helfen, Patienten zu identifizieren, die von der Behandlung mit Nivolumab am meisten profitieren können. Die Ergebnisse dieser explorativen Analysen müssen jedoch in kontrollierten Studien mit größeren Patientenpopulationen bestätigt werden.
Referenzen:
Kongress der Deutschen Gesellschaft für Urologie, "Vortragssitzung Urologische Tumorerkrankungen: Systemtherapien", Kongresszentrum Dresden, 26. bis 29. September 2018 Messe Dresden.