Patienten mit fortgeschrittenem nichtkleinzelligen Lungenkrebs (NSCLC) mit Plattenepithelhistologie können von einer zusätzlichen Gabe des PD-L1-Inhibitors Atezolizumab zusätzlich zu Chemotherapie in der Erstlinienbehandlung im Vergleich zu alleiniger Chemotherapie profitieren. Dies ergaben Zwischenergebnisse der Phase-III-Studie IMpower 131, die Robert M. Jotte, USON Thoracic Committee, Rocky Mountain Cancer Centers, Denver, CO, bei einer Pressekonferenz beim 2018 ASCO Annual Meeting am 2. Juni 2018 in Chicago vorstellte.
Bei etwa 25 bis 30 % der Patienten mit NSCLC weist der Tumor eine Plattenepithelhistologie auf. Plattenepithel-NSCLC sind schwierig zu behandeln und es gab in den letzten Jahrzehnten nur wenige neue Therapieoptionen. Weniger als 15 % der Patienten überleben das erste Jahr nach Diagnosestellung, und weniger als 2 % überleben fünf Jahre.
Standard in der Erstlinientherapie mit fortgeschrittenen Tumoren sind derzeit platinbasierte Therapieregime. Patienten, die initial mit Carboplatin plus nab-Paclitaxel behandelt wurden erreichten ein progressionsfreies Überleben (PFS) von 5,6 Monaten im Median, das mediane Gesamtüberleben (OS) lag bei 10,7 Monaten und die objektive Ansprechrate (ORR) bei 41 %. In neueren Studien hatte sich bei NSCLC mit Nicht-Plattenepithelhistologie für die Kombination von Immun- und Chemotherapie ein Nutzen gezeigt.
Atezolizumab (Tecentriq®) ist ein monoklonaler Antikörper, der PD-L1-blockiert. In der EU ist er derzeit als Monotherapie bei erwachsenen Patienten zur Behandlung des lokal fortgeschrittenen oder metastasierten NSCLC nach vorheriger Chemotherapie zugelassen. Patienten mit aktivierenden EGFR-Mutationen oder ALK-positiven Tumormutationen sollten vor der Therapie mit Atezolizumab bereits eine auf diese Mutationen zielgerichtete Therapie erhalten haben. Außerdem kann es als Monotherapie bei erwachsenen Patienten zur Behandlung des lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Urothelkarzinoms nach vorheriger platinhaltiger Chemotherapie oder bei Patienten, die für eine Behandlung mit Cisplatin als ungeeignet angesehen werden, eingesetzt werden.
Von der Arbeitsgruppe um Jotte werden in der offenen, multizentrischen randomisierten Phase-III-Studie IMpower 131 Wirksamkeit und Verträglichkeit von Atezolizumab in Kombination mit Carboplatin und nab-Paclitaxel im Vergleich zu Chemotherapie allein bei 1.021 Patienten mit fortgeschrittenem Plattenepithel-NSCLC untersucht. Die Patienten hatten noch keine Vorbehandlung erhalten, die PD-L1-Expression war kein Einschlusskriterium, gehörte jedoch neben Geschlecht und dem Vorliegen von Lebermetastasen zu den Stratifizierungsfaktoren. Patienten mit aktivierenden EGFR-Mutationen oder ALK-positiven Tumormutationen erhielten vor dem Studieneinschluss gezielt wirkende Therapeutika. Die Patienten wurden randomisiert wie folgt behandelt
Koprimäre Endpunkte waren das durch die Untersucher beurteilte PFS und OS, zu den sekundären Endpunkten gehörten PFS und OS in Abhängigkeit von der PD-L1-Expression, Ansprechraten, Dauer des Ansprechens und Verträglichkeit.
Jotte stellte die Daten der Patienten aus Arm B (n = 343) und Arm C (n = 340) nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 17,1 Monaten vor, die Ergebnisse für Arm A liegen noch nicht vor. Atezolizumab verdoppelte das 1-Jahres-PFS von 12,0 % auf 24,7 %. Das mediane PFS betrug 6,3 Monate (5,7-7,1 Monate) mit Atezolizumab plus Chemotherapie und 5,6 Monate (5,5 – 5,7 Monate) mit alleiniger Chemotherapie, dies bedeutet eine Senkung des relativen Risikos für Progression oder Tod um 29 % (Hazard-Ratio 0,71, p = 0,0001). Der Nutzen von Atezolizumab war in allen Subgruppen nachweisbar, auch bei Patienten ohne PD-L1-Expression sowie bei Patienten mit Lebertumoren. Bei den Patienten mit hoher PD-L1-Expression wurde jedoch das relative Risiko für Progression oder Tod um 56 % verringert, das PFS, stieg von 5,5 Monaten auf 10,1 Monate, bei den Patienten ohne PD-L1-Expression sank das Risiko um 19 %. Die Daten zum zweiten primären Endpunkt, dem Gesamtüberleben, sind derzeit noch nicht reif. Eine weitere Zwischenanalyse soll im Verlauf des Jahres vorgestellt werden.
In der Immuntherapie-Gruppe traten mit 68 % häufiger Nebenwirkungen auf als in der Chemotherapie-Gruppe mit 57 %. Neue, bislang nicht bekannte unerwünschte Wirkungen wurden nicht beobachtet. Häufigste Nebenwirkungen unter Atezolizumab waren Hautausschlag, Kolitis und Verminderung der Schilddrüsenhormone.
Quelle:
Jotte RM, et al. IMpower131: Primary PFS and safety analysis of a randomized phase III study of atezolizumab + carboplatin + paclitaxel or nab-paclitaxel vs carboplatin + nab-paclitaxel as 1L therapy in advanced squamous NSCLC. 2018 ASCO Annual Meeting, Chicago, 1. bis 5. Juni 2018, Abstract LBA9000. https://meetinglibrary.asco.org/record/165951/abstract