Wenn Sie in Ihrer Praxis Säuglinge behandeln, haben Sie schon viel gesehen. Hautausschläge, Durchfälle, Fieber, Gedeihstörungen und vor allem elterliche Sorgen gehören zu Ihrem täglich Brot. Doch nicht immer sind die Symptome harmlos, und genaues Hinschauen lohnt sich.
Die Acrodermatitis enteropathica ist eine seltene Erkrankung, die vor allem Säuglinge betrifft. Oft treten erste Symptome auf, wenn das Kind abgestillt wird, und nehmen im Verlauf an Intensität zu.
Die Krankheitssymptome sind Zeichen eines Zinkmangels. In der angeborenen Form wird dieser ausgelöst durch eine Mutation im SCL39A4-Gen. Die Vererbung erfolgt auf autosomal-rezessivem Weg und betrifft Jungen und Mädchen gleichermaßen.
Auch eine ernährungsbedingte Form ist möglich, heutzutage aber eher selten. Sie tritt vor allem bei intravenöser Ernährung auf. Durch Zinkzusatz kann sie rasch behoben werden.
Die Krankheitszeichen sind recht pathognomonisch und weisen oftmals schon in die richtige Richtung. Dennoch kann ein Zinkspiegel bestimmt werden, um Klarheit zu erlangen. Ist die Diagnose gesichert, sollte eine genetische Testung der Eltern erfolgen.
Differentialdiagnostisch sollte auch eine Sprue ausgeschlossen werden.
Die Therapie ist einfach und effektiv: Wird der Zinkmangel ausgeglichen – das Therapeutikum der Wahl ist Zinksulfat – verschwinden die Symptome. Auch die Gabe von Iodoquinol ist möglich. Die Therapie sollte in der Regel lebenslang erfolgen. Unbehandelt kommt es zu einer fortschreitenden Kortexatrophie mit Gereiztheit und Störungen in der emotionalen Regulation.
Die Acrodermatitis enteropathica kann auch bei gesunden Kindern auftreten: nämlich dann, wenn die Mutter Trägerin der SLC30A2-Mutation ist. Hierbei fehlt ein zinkbindendes Enzym, das vom Pankreas gebildet wird und normalerweise die Muttermilch mit Zink anreichert. Durch den Mangel an diesem Bindungselement enthält die Muttermilch keine ausreichenden Mengen an dem Spurenelement. Die Gabe von Flaschennahrung ist hierbei therapeutisch.
Menschen mit behandelter Acrodermatitis enteropathica haben eine normale Lebenserwartung. Oftmals kommt es im Laufe des Lebens jedoch zu Rezidiven, meist in der Pubertät oder auch in der Schwangerschaft. Die Zinksupplementierung sollte dann entsprechend angepasst werden.
Nicht alle Hautausschläge und Durchfälle bei kleinen Kindern sind harmlos oder infektbedingt. Wenn Sie einen Säugling mit Symptomen einer Acrodermatitis enteropathica sehen, schauen Sie genauer hin. Mit einer einfachen therapeutischen Intervention können Sie Ihren kleinen Patienten effektiv behandeln und ihm oder ihr zu einem normalen Leben verhelfen.
Seit 2008 findet jedes Jahr Ende Februar der weltweite Tag der seltenen Erkrankungen statt. esanum begleitet den Tag und berichtet nicht nur über aktuelle Themen, sondern auch über mögliche Symptomkomplexe, Diagnostik, Therapieansätze und Orphan Drugs zur Behandlung von seltenen Krankheiten. Weitere Beiträge finden Sie im Themenspecial zum Rare Disease Day.