Psoriasis-Therapie während der Schwangerschaft: Risiko oder Chance?
Neue, zielgerichtete Immuntherapien haben die Behandlung von Psoriasis in den letzten Jahren revolutioniert. Doch für junge Frauen mit Kinderwunsch ist die Therapie oft mit Unsicherheiten verbunden.
Familienplanung mit Psoriasis
Dr. Laura Salgado, eine renommierte Dermatologin, äußert sich zu den Ängsten und Sorgen, die die Familienplanung bei Psoriasis-Patientinnen beeinträchtigen können.
Wie verschiedene Studien zeigen konnten, ist die Geburtenrate bei Patientinnen mit mittelschwerer bis schwerer Psoriasis deutlich niedriger als in der Normalbevölkerung.1,2 Ein Aspekt, der hierbei eine Rolle spielen könnte, ist die Sorge der Betroffenen um das Sicherheitsprofil der Therapie während der Schwangerschaft.1
So ergab eine Befragung von Frauen mit Psoriasis, dass 25% von ihnen das Thema Familienplanung vermieden oder aufgeschoben hatten; 34% der interviewten Frauen berichteten, dass sie sich aufgrund ihrer Erkrankung für eine kleinere Familie oder sogar gänzlich gegen Kinder entschieden hatten.
Auch der Faktor Vererbung beschäftigt viele Erkrankte: Feldman und Kollegen fanden in einer weiteren Studie heraus, dass bis zu 76% der Patientinnen befürchten, die Psoriasis an ihre Kinder weiterzugeben.3
Certolizumab pegol: eine neue Therapieoption?
Certolizumab pegol ist ein TNF-α-Inhibitor und wird zur Behandlung der entzündlichen Darmerkrankung Morbus Crohn sowie bei rheumatoider Arthritis, axialer Spondyloarthritis, Plaque-Psoriasis und Psoriasis-Arthritis eingesetzt. Certolizumab hat sich in jüngsten Studien als effektive und sichere Therapie für aktive Psoriasis während der Schwangerschaft erwiesen und kann auch während der Stillzeit weiter verabreicht werden. Diese Erkenntnis basiert auf prospektiven und retrospektiven Untersuchungen, die bestätigen, dass nur unwesentliche Mengen des Wirkstoffs von mit Certolizumab behandelten Müttern in den fetalen Kreislauf gelangen; auch die Konzentration in der Muttermilch ist minimal.4 In einer Studie, die mehrere Biologika miteinander verglich, wurde zum Beispiel gezeigt, dass Certolizumab pegol selten und nur in geringen Mengen von der Mutter auf den Fötus übertragen wird: Nur in knapp 6% der getesteten Nabelschnur-Blutproben wurde das Biologikum nachgewiesen. Die mediane Konzentration im Nabelschnurblut lag bei 0,3 µg/mL (IQR: 0,2–1,3).5 Aufgrund der aktuellen Evidenzlage gilt Certolizumab Pegol folglich als Biologikum der Wahl während der gesamten Schwangerschaft und der Stillzeit.4
Risiken für schwangere Frauen mit Psoriasis
In seinem Vortrag liefert Dr. Mohan wichtige Erkenntnisse zu den Risiken und zentralen Problemen von Frauen im gebärfähigen Alter, die von chronisch-entzündlichen Erkrankungen betroffen sind. Er betont, dass Frauen signifikant häufiger als Männer an solchen Krankheiten leiden. Zudem treten diese Erkrankungen häufig erstmals in der Hochphase des reproduktiven Lebens auf.6
Dr. Mohan stellte eine retrospektive Studie vor, in der Frauen mit Psoriasis während ihrer Schwangerschaft zeitweise weiterhin Biologika nutzten (zum Teil bis zur 11. SSW): Unter den zwölf Frauen kam es zu zehn Geburten; alle Neugeborenen waren gesund und wiesen ein normales Geburtsgewicht auf. Die erhobenen Daten suggerieren, dass eine Konzeption während einer Biologika-Therapie als sicher eingestuft werden kann. Bei gut eingestellter Psoriasis wird jedoch empfohlen, die Therapie während der Schwangerschaft zu unterbrechen. Sollte es zu einem akuten Schub der Erkrankung kommen, raten Experten zur Verabreichung von Certolizumab Pegol.7
Impfschutz für Säuglinge von Psoriasis-Patientinnen
Die Behandlung mit Biologika während der Schwangerschaft hat auch Auswirkungen auf das Impfschema für Neugeborene. Speziell für Lebendimpfstoffe ist gemäß der European-League- Against-Rheumatism-Task-Force Folgendes zu beachten: Kinder, die im späten zweiten und dritten Trimenon der Schwangerschaft Biologika ausgesetzt waren, sollten in den ersten sechs Lebensmonaten keine Lebendvakzinen erhalten.8 Ähnlich lautet die Empfehlung des Herstellers eines Certolizumab-haltigen Arzneimittels: Mit der Verabreichung von Lebendimpfstoffen an Säuglinge sollte mindestens fünf Monate gewartet werden.9
Fazit für die Praxis
Die Behandlung von Psoriasis bei Frauen im gebärfähigen Alter stellt eine besondere Herausforderung dar, wobei der Einsatz von Biologika, insbesondere Certolizumab Pegol, eine vielversprechende Option bietet. Diese Therapie hat sich als sicher und wirksam in der Schwangerschaft und Stillzeit erwiesen und eine Unterbrechung der Behandlung ist nicht erforderlich. Die Zusammenarbeit verschiedener medizinischer Disziplinen ist für eine umfassende Betreuung essenziell. Dennoch ist die Aufklärung über therapeutische Risiken und Möglichkeiten entscheidend, um Ängste abzubauen und informierte Entscheidungen zu ermöglichen. Insgesamt unterstützen aktuelle Forschungsergebnisse den vorsichtigen Optimismus bezüglich der Applikation von Biologika während der Schwangerschaft, betonen aber auch die Notwendigkeit einer individuellen Risiko-Nutzen-Abwägung und einer engen medizinischen Überwachung.
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Fachinformation: Cimzia® 200 mg Injektionslösung in einer Fertigspritze. Stand 2022. Herausgeber: UCB Pharma GmbH.
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