Mit dem Trichoskop auf Spurensuche: Was Haare und Kopfhaut über Systemerkrankungen verraten

Haben Sie schon einmal eine Dermatomyositis mit dem Trichoskop diagnostiziert? Oder die Krankheitsaktivität eines Lupus erythematodes trichoskopisch bestimmt? Klingt abwegig? Von wegen!

Was ist eine Trichoskopie?

Dass der Dermatologe bei manifesten Läsionen und Symptomen am behaarten Kopf zum Trichoskop greift, ist selbstverständlich. Doch auf die Idee, auch bei Systemerkrankungen, die sich primär nicht an Haar und Kopfhaut äußern, nach dermatoskopischen Merkmalen eben dort zu fahnden, muss man erst einmal kommen. Dabei kann sich auch hier ein vertiefter Blick aufs Haupt durchaus lohnen.

Wie zeigen sich Lupus und Co unterm Trichoskop?

Etwa beim Lupus: Neben Haarausfall, der entweder diffus oder fleckförmig auftreten kann, sind Anomalien am Haarschaft (man spricht auch vom sogenannten Lupushaar) sowie eine Pannikulitis der Kopfhaut mögliche trichoskopische Befunde. Die Verdünnung der Haare könnte einigen Studien zufolge mit der Krankheitsaktivität assoziiert sein. Auch verdickte, stark verzweigte und gewundene Gefäße können beim Lupus beobachtet werden, sind aber auch kennzeichnend für systemische Sklerose und Dermatomyositis.

Letztere manifestiert sich bei ca. 60–80 % der Patienten an der Kopfhaut. Kennzeichnend für die Dermatomyositis sind peri- bzw. interfollikuläre Schuppung und eine rot-braune Pigmentierung, die wiederum mit der Krankheitsaktivität korreliert. Die systemische Sklerose hebt sich dagegen u.a. durch avaskuläre Bereiche hervor. 

Trichoskopie zur Krebsdiagnostik?

Doch nicht nur Bindegewebserkrankungen, auch lymphoproliferative Erkrankungen und andere Neoplasien lassen sich zum Teil an der Kopfhaut ablesen. So können bei kutanen T-Zell-Lymphomen spermatozoenähnliche Gefäße auftreten, während kutane B-Zell-Lymphome lachsfarbene Bereiche bilden, die dermalen lymphozytären Infiltrationen entsprechen. Bei Patienten mit fortgeschrittenem Multiplem Myelom sind follikuläre Spiculae beschrieben, beim Angiosarkom rosa bis dunkelrot-violette Areale, hinter denen sich Teleangiektasien, Thromben oder Hämorrhagien verbergen. 

Schließlich können auch Malignome an Lunge, Prostata oder Brust kutane Metastasen an der Kopfhaut ausbilden, die aufgrund ihrer starken Durchblutung besonders dafür prädestiniert ist. Erkennen kann man Kopfhautmetastasen insbesondere an polymorphen Gefäßen sowie weißlichen Bereichen auf rosa Grund.

Und und und… Die Liste trichoskopischer Befunde bei Systemerkrankungen ließe sich weiter fortsetzen, etwa bei der syphilitischen Alopezie mit Vellus- und Zickzackhaaren. Aber vielleicht haben Sie ja Lust bekommen, öfter das Trichoskop in die Hand zu nehmen, um selbst auf Spurensuche zu gehen.

Fazit für die Praxis

Die Trichoskopie ist nicht nur eine einfach durchführbare Untersuchungsmethode, sie erlaubt auch Rückschlüsse auf Erkrankungen, die nicht primär Kopfhaut und -haare betreffen, sich aber oft daran ablesen lassen. Ein Trichoskop sollte daher in der dermatologischen Praxis jederzeit griffbereit sein.
 

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