Dialysepatienten mit Diabetes richtig behandeln

Menschen mit Diabetes und Niereninsuffizienz sind eine besonders vulnerable Patientengruppe. Umso gravierender ist, dass es für sie bislang keine guten, ausreichend validierten Behandlungskonzepte gibt.

Therapiekonzept beim Typ-2-Diabetes:

Empfehlungen auf Dialysepatienten nicht übertragbar

Auf Basis dieser grundsätzlichen Überlegungen haben ADA (American Diabetes Association) und EASD (European Association for the Study of Diabetes) ein Konsensuspapier mit holistischem Anspruch entwickelt, in dem sie folgende Forderungen formulieren:

So weit, so gut. Das Problem ist, dass diese Empfehlungen bei Dialysepatienten nicht eins und eins zu übernehmen sind. So ist Metformin ab einer eGFR < 30 ml/min kontraindiziert und das geeignete Zielgewicht unter Dialyse unklar (nicht zu hoch, um die Listung zur Transplantation nicht zu gefährden; nicht zu niedrig, um eine erhöhte Mortalität zu vermeiden). Zu den kardiovaskulären Risiken und spezifischen Therapien gibt es zudem bei chronischem Nierenversagen kaum Evidenz.

Wenig zugelassene Medikamente bei Diabetes und Dialyse

Laut Fachinformation ist in diesem Stadium der Nierenerkrankung nur eine kleine Auswahl an Antidiabetika zugelassen. Dazu gehören alle Insuline, Pioglitazon und Acarbose. Bei den Sulfonylharnstoffen kommt lediglich Repaglinid in Frage, bei den DPP-4-Inhibitoren Sitagliptin. Unter den GLP-1-Rezeptoragonisten hat Tirzepatid als einziger eine Zulassung bis eGFR < 15 ml/min, jedoch nicht explizit für Dialysepatienten. SGLT-2-Inhibitoren bleiben für Dialysepatienten gänzlich außen vor.

Was also tun mit schwer nierenkranken Diabetikern? Die KDIGO (Kidney Disease: Improving Global Outcomes)-Guideline Diabetes und CKD 2022 formuliert als explizite Empfehlung zum Glykämiemanagement lediglich ein individualisiertes HbA1c-Ziel, führt aber zugleich an, dass der Wert bei einer eGFR < 15 ml/min oder Dialyse unpräzise und der Zielbereich des HbA1c bei terminaler Niereninsuffizienz unklar ist. Als glukosesenkende Therapien werden DPP-4-Inhibitoren, Insulin (in reduzierter Dosis) und Pioglitazon empfohlen. Der Fokus liegt primär auf der Vermeidung von Hypoglykämien.

Möglicher Off-Label-Use moderner Antidiabetika

Die Auswahl an empfohlenen und zugelassenen Therapieoptionen bei dialysierten Diabetikern ist somit äußerst eingeschränkt. Gerade diese Patienten können trotz ihres hohen kardiovaskulären Risikos nicht vom möglichen Benefit einer Behandlung mit neuen Antidiabetika profitieren. Dabei könnten GLP-1-Rezeptoragonisten nicht nur kardioprotektiv wirken, sondern auch die Gewichtsreduktion unterstützen, um Patienten in die Warteliste zur Nierentransplantation aufzunehmen. Der Forschungsbedarf in diesem Schnittbereich zwischen Diabetologie und Nephrologie ist also enorm.

Bis es valide Daten und Empfehlungen gibt, bleibt es jedem Diabetologen überlassen, GLP-1-Rezeptoragonisten oder SGLT-2-Inhibitoren bei Dialysepatienten mit Diabetes off-label einzusetzen. Immerhin zeigen internationale Registerdaten eine reduzierte kardiovaskuläre Mortalität bei Initiierung mit der Dialyseeinleitung. Klare Belege für die kardiovaskuläre Sicherheit bei diesen Hochrisikopatienten gibt es indes noch nicht.

Quellen:
  1. Böger, Carten A. (Traunstein): Dialyse und Diabetes: Was ist zu beachten? Session Diabetes – Komplikationen, DGfN Kongress 2024, Berlin, 26.-29.09.2024.
  2. Kidney Disease: Improving Global Outcomes (KDIGO) Diabetes Work Group: KDIGO 2022 Clinical Practice Guideline for Diabetes Management in Chronic Kidney Disease. Kidney Int. 2022 Nov;102(5S):S1-S127.