Eines der Highlights in der Gynonkologie ist die Diagnostik und Therapie des mittlerweile in vielen Fällen heilbaren Ovarialkarzinoms. Prof. Dr. med. Dr. h.c. Jalid Sehouli stellte anlässlich des Studientages 2022 an der Berliner Charité eine kurze Zusammenfassung der heutigen und zukünftigen Möglichkeiten in der Behandlung des Ovarialkarzinoms vor. Einen besonderen Schwerpunkt legte er dabei auch auf die zahlreich anlaufenden Studien zu dieser Tumorentität.
Eng mit dem Ovarialkarzinom verbunden ist der Begriff der "personalisierten Medizin". Beim Eierstockkrebs beinhaltet dieser Ansatz die sogenannte Paneldiagnostik, z. B. für den BRCA-Status mithilfe des neuartigen mychoice-HRD-Assays.
Doch neben diesen molekulargenetischen Diagnoseansätzen bleiben auch weiterhin althergebrachte Verfahren wichtig im klinischen Alltag. So spielt die Phänotypisierung nach wie vor im Rahmen der Tumorcharakterisierung eine bedeutende Rolle.
Im Mittelpunkt der Behandlung des Ovarialkarzinoms steht das progressionsfreie Überleben und vor allem der damit einhergehende Erhalt der Lebensqualität. Am Anfang des Therapiekataloges steht nach wie vor die Operation. "Denn das Operationsresultat ist die wichtigste Therapiesäule für die Prognose und dies unabhängig von der Chemotherapie und zielgerichteter Anschlusstherapien", so Sehouli.
Interessant ist im Zusammenhang mit dem Ovarialkarzinom auch das Konzept der Prärehabilitation. Dabei werden den Patientinnen bereits vor der Operation, vor einer folgenden Chemotherapie sowie vor und während der Erhaltungstherapie Edukationsprogramme und Trainingseinheiten angeboten, die es den Frauen ermöglichen, besser mit den Auswirkungen der Krebstherapie fertig zu werden. Es handelt sich dabei also vielmehr um ein präventives Empowerment, denn um eine rein wiederherstellende Behandlung.
Doch auch zukünftig soll es weitere Verbesserungen in der Therapie des Ovarialkarzinoms geben und wie groß das Interesse daran derzeit ist, lässt sich auch aus der Anzahl der aktuell laufenden Studien zu diesem Thema ersehen. So haben wir derzeit drei gestartete First-Line-Studien (NOGGO ov32 - MAKEI, NOGGO ov42 - MAMOC, NOGGO ov54 -SCOUT), 6 Studien zum rezidivierten platinsensitiven Ovarialkarzinom sowie weitere 5 Studien zum rezidivierten platinresistenten Ovarialkarzinom.
Wer sich hier gern eingehender informieren möchte, wird auf www.noggo.de, dem entsprechenden Studienportal, fündig werden. Dort können Sie sich ebenfalls zu den Einschlusskriterien der noch rekrutierenden Studien informieren und möglicherweise noch die eine oder andere Patientin mit einbringen.
Ebenso wie die Gynonkologie durchläuft auch die Uroonkologie seit einigen Jahren einen wahren Schub neuer Technologien und Therapiemöglichkeiten. Prof. Dr. med. Thorsten Schlomm, Urologe und ebenfalls von der Berliner Charité, stellte eingangs zu seinem Vortrag die Frage "Roboterassistiert oder offen, was ist besser?"
Eine klare Antwort auf diese Frage gibt es aktuell noch nicht. "Allerdings, wer mit dem Roboter gelernt hat, ist dort in der Regel immer besser als beim offenen Eingriff", so Schlomm. Und das Roboter-System habe durchaus auch seine Vorteile:
Neue Therapiemöglichkeiten in der Uroonkologie belebten das Fach in den vergangenen Jahren, nach zum Teil Jahrzehnten des Stillstandes bei einigen Tumorentitäten. Die Einführung der Checkpoint-Inhibitoren, wie z. B. Nivolumab, revolutionierte regelrecht die Behandlung des Nierenzellkarzinoms. Ganz ähnlich verhält es sich mit der Zulassung von Olaparib, dem ersten PARP-Inhibitor zur personalisierten Krebstherapie bei BRCA-positivem mCRPC. Ebenso erhielt 2021 Avelumab zur Erhaltungstherapie bei fortgeschrittenem Blasenkarzinom eine Zulassung in Deutschland.
Und wir können auch in der Uroonkologie auf weitere Therapieoptionen und Zulassungen im Jahr 2022 hoffen. So soll die adjuvante Therapie des Blasenkarzinoms mit Nivolumab noch im 1. Quartal 2022 kommen, ebenso wie die Zulassung für Enfortumab Vedotin, ein neuartiges Antikörper-Wirkstoff-Konjugat, zur Behandlung von Urothelkarzinomen. Für das Prostatakarzinom könnte demnächst die 117Lutetium-PSMA-Radioligandtherapie Einzug in den Behandlungskatalog der Uroonkologie finden.
Zudem sind folgende interessante Studien derzeit in Vorbereitung:
Gen-Diagnostik und daraus abgeleitete Therapieoptionen ermöglichen aktuell einen Schub personalisierter Therapien in der Urogynäkologie. Einerseits sind die daraus entstehenden, neuen Behandlungsmöglichkeiten in der Onkologie sehr zu begrüßen. Andererseits macht dies Therapieentscheidungen und die Abfolge bestimmter Therapieregime immer komplexer.
Hinzu kommt, dass sich neue Verfahren heutztage auch immer schneller in den internationalen und nationalen "Living Guidelines" wiederfinden sollen. Dies erfordert natürlich auch ein höheres Maß, sich in der eigenen Praxis immer wieder mit den aktuellen Anpassungen der Leitlinien auseinanderzusetzen. Das Stichwort hier: Sequenzabfolge in der Therapie. Dies zu entscheiden wird auch die Leitlinienkommissionen zunehmend herausfordern und wird die Studienlandschaft über kurz oder lang sicher auch komplexer werden lassen (müssen).
Denn schließlich sind neue Behandlungsoptionen nur solange "scharfe Schwerter", solange wir wissen, an welcher Stelle der Behandlungssequenz diese bestmöglich eingesetzt werden können.
Quelle: DIGITALER STUDIENTAG 2022 vom 01.02.2022, Charité Berlin