Umweltchemikalien: Wie gefährlich sind sie für Schwangere?

Die Gefahr lauert überall: Im Alltag sind wir umgeben von zahlreichen Umweltchemikalien, die körperliche Prozesse beeinflussen können. Schwangere Frauen sind besonders gefährdet.

BPA und PFAS: zwei bedeutsame Umwelthormone

Langfristige Folgen von Umweltchemikalien kaum bekannt

Wir alle sind im Alltag ständig verschiedensten Chemikalien ausgesetzt, sei es über Verpackungen, Kleidung, Kosmetika, Reinigungsmittel oder Möbel. Über Pflanzenschutzmittel in der Landwirtschaft gelangen viele Substanzen außerdem direkt in Nahrungsmittel und Trinkwasser und werden schließlich von uns Verbrauchern konsumiert. Tatsächlich können Umweltchemikalien ubiquitär in verschiedenen Körperflüssigkeiten nachgewiesen werden.

Lange war man sich der Gefahren dieser Substanzen kaum bewusst, und noch heute sind viele Wirkungen und vor allem langfristige Folgen für den menschlichen Organismus unklar.

"Besonders besorgniserregende Stoffe"

Eine Stoffgruppe sorgt seit einiger Zeit jedoch vermehrt für Aufmerksamkeit und ist inzwischen vergleichsweise gut untersucht: sogenannte Umwelthormone bzw. endokrine Disruptoren, die als „besonders besorgniserregend“ gelten. Sie gelangen dermal, inhalativ oder oral in den menschlichen Organismus und können dort, wie etwa PFAS, lange verbleiben. Andere Chemikalien wie BPA haben dagegen nur eine kurze Halbwertszeit, sind aber durch ihr ubiquitäres Vorkommen im Blut von Menschen überall auf der Welt nachweisbar.

In der sensiblen Phase der Schwangerschaft, in der sich die kindlichen Stoffwechselprozesse entwickeln, sind endokrine Disruptoren besonders heikel. So deuten etwa zahlreiche Studien auf einen Zusammenhang zwischen BPA und Frühgeburtlichkeit, einem niedrigen Geburtsgewicht sowie Fehlgeburten hin.

Eine Umfrage an Schwangeren, ehemals Schwangeren und Frauen mit Kinderwunsch des Departments Umweltimmunologie am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig ergab: Viele betroffene Frauen sind sich der Gefahren, die von Umweltchemikalien ausgehen, durchaus bewusst und sind bereit, sich davor zu schützen. Allerdings fühlte sich nur ein Bruchteil gut informiert. Die meisten wünschten sich eine bessere Aufklärung durch ihren Arzt, ihre Ärztin oder die Hebamme, was ein hohes Vertrauen in deren fachliche Expertise und Glaubwürdigkeit widerspiegelt. 

Tipps zur Verringerung der individuellen Exposition

Allen Berufsgruppen, die in die Schwangerschaftsvorsorge involviert sind, kommt daher eine große Verantwortung zu. Sie sollten Schwangere für das Thema sensibilisieren, über potenzielle Gefahren informieren und ihnen konkrete Maßnahmen zur Verringerung der individuellen Exposition an die Hand geben. Dazu zählt etwa die Auswahl frischer, möglichst unverpackter Lebensmittel, das Meiden von Plastik und Konservierungsstoffen sowie regelmäßiges Lüften der Innenräume. Hilfreiches, gut recherchiertes und aufbereitetes Informationsmaterial für die eigene Praxis steht kostenlos zur Verfügung.

Umweltchemikalien sind allgegenwärtig. Gänzlich schützen können wir uns davor nicht, doch durch umsichtiges Verhalten im Alltag lässt sich die Exposition deutlich verringern. Für schwangere Frauen und ihr ungeborenes Kind sind solche Maßnahmen besonders wichtig.
 

Quelle:

Fischer F et al., Gefährdung durch Alltagschemikalien. Ein Impuls für die Schwangerschaftsvorsorge. Gynäkologie 2023; 56: 633–640; https://doi.org/10.1007/s00129-023-05125-6.