Die Proktologie ist ein eher kleines, medizinisches Fachgebiet, welches jedoch zeitgleich eines der größten Leidensgebiete für PatientInnen darstellt. Das Gute: Es gibt auch 2019 wieder neue, zukunftsweisende Entwicklungen, die auf der diesjährigen Veranstaltung "Aktuelle Proktologie 2019" in Berlin beleuchtet wurden.
Die Resektion ist nach wie vor die häufigste Therapieoption bei Hämorrhoiden 3. Grades. Allerdings ist ein solcher Eingriff klassisch mit postoperativen Schmerzen und Komplikationen assoziiert, wie z. B. Wundheilungsstörungen. Daher kommt der Suche nach neuen, schmerzärmeren Methoden in der Proktologie eine große Bedeutung zu.
Einen neuartigen, minimalinvasiven Ansatz stellte Dr. Horst Loch vor, Initiator und Organisator der "Aktuellen Proktologie"-Reihe. Die Radiofrequenzablation induziert mittels Einstichsonde unter Lokalanästhesie eine Ionenbewegung im betreffenden Hämorrhoidalgewebe. Dadurch entsteht Reibungswärme, die letztlich zu einer Thermokoagulation und zur Gewebedestruktion führt. Dadurch schrumpft die Hämorrhoide. Welche Vorteile die ambulante Radiofrequenzablation für PatientInnen mit Blick auf Schmerzern, Arbeitsunfähigkeit sowie Rezidivneigung bietet, erklärt der Experte exklusiv im Podcast.
Eine weitere wichtige Entwicklung für die operative Behandlung von Darmbeschwerden ist die Robotik. Derzeit lässt die Studienlage jedoch noch keine abschließende Einschätzung zu, ob die roboter-assisitierte Chirurgie in der Proktologie tatsächlich besser ist als die klassische Laparoskopie "per Hand". Trends deuten jedoch darauf hin, dass die Robotik das Infektionsrisiko sowie die Komplikationsrate insgesamt verringern könnte.
Welches operative Verfahren auch schließlich zum Einsatz kommt, um PatientInnen Linderung bzw. Heilung zu verschaffen, eine proktologische Wunde ist aufgrund der Nähe zum Anus stets hochkontaminiert und erfordert deshalb eine besondere Wundversorgung.
Generell gilt dabei, proktologische Wunden offen zu lassen. Warum? Nun, der regelmäßige Stuhlgang erschwert die Wundheilung, sodass fortlaufend eine Wundreinigung stattfinden muss. Dies erschwert zum einen die Wundheilung und erfordert andererseits eben ein Offenhalten des Wundbereiches.
Ziel der Wundversorgung im proktologischen Arbeitsfeld ist es, die Erregerzahl zu minimieren, sodass die natürliche Wundheilung nicht verzögert wird. Eine regelmäßige Spülung mit "Druck und Volumen" ist dafür jedoch notwendig. Der dabei geltende Grundsatz der Proktologie: "Gib nie etwas in eine Wunde, das Du nicht auch im Auge haben möchtest!"
Ebenso wie im operativen Bereich ist die Proktologie ein Quell für neue, "alte" Entwicklungen in der modernen Medizin. Die Rückbesinnung auf das wichtigste Element ärztlichen Handelns, die Empathie, wird hier seit Jahren gelebt. Anders wäre aber der Umgang mit einem so schambehafteten Arbeitsgebiet wie der Proktologie und auch der tagtägliche Umgang mit schmerzgeplagten PatientInnen wohl kaum so erfolgreich möglich.
In seinem Festvortrag legte Prof. Dr. Dietrich Grönemeyer seine Gedanken für eine Verbindung aus alten Tugenden und Denkweisen mit der modernen Medizin dar. Sein Konzept einer Weltmedizin als Medizin der Zukunft ist dabei kein Hexenwerk. Wie einfach ÄrztInnen von heute damit die Medizin der Zukunft gestalten können, erklärte Prof. Gönemeyer im Podcast-Interview.