Hochintensitäts-Reha nach Schlaganfall verbessert Outcome

Die Rehabilitation für Schlaganfall-Patientinnen und -Patienten mit Hemiparesen beinhaltet in der Regel ein eher vorsichtiges Gehtraining. Eine neue Studie zeigt, dass ein intensiveres und mental anspruchsvolleres Training Patientinnen und Patienten jedoch viel mobiler machen kann.

Komplexeres und intensiveres Training erhöht Bewegungs- und Koordinationsfähigkeit

Die Rehabilitation für Schlaganfall-Patienten mit Hemiparesen beinhaltet in der Regel ein eher vorsichtiges Gehtraining. Eine neue Studie zeigt, dass ein intensiveres und mental anspruchsvolleres Training den Patienten jedoch viel mobiler machen kann.

Der medizinische Fortschritt hat dazu geführt, dass heutzutage immer mehr Menschen einen Schlaganfall überleben. Doch viele PatientInnen tragen dauerhafte Einschränkungen der Bewegungs- und Koordinationsfähigkeit davon. Daher schließt sich an jede stationäre Schlaganfall-Behandlung eine Rehabilitation an, wo die PatientInnen durch spezielle Trainings wieder fit für den Alltag gemacht werden sollen. Doch der Erfolg lässt in vielen Fällen zu wünschen übrig. Aktuell werden neue Trainingsprogramme getestet. Ein vielversprechender Ansatz liegt möglicherweise in der Erhöhung der Trainingsintensität und des Schwierigkeitsgrades (z. B. durch Richtungsänderungen, Hindernisse, unebenen Boden). George Hornby und Kollegen haben nun in einer neuen Studie ein "normales" Reha-Training mit einem einfachen und einem anspruchsvollen Hochintensitätstraining verglichen.

Drei Reha-Trainingsformen untersucht

An der kürzlich im Fachjournal Stroke veröffentlichten Studie haben insgesamt 97 Schlaganfall-PatientInnen teilgenommen. Hauptkriterium war, dass die PatientInnen zugleich an einer begleitenden Hemiparese litten, die bereits länger als 6 Monate andauerte. Alle PatientInnen mussten zudem in der Lage sein, 10 Meter selbstständig geradeauszulaufen. Im Anschluss wurden die TeilnehmerInnen auf eine von drei Trainingsgruppen randomisiert: Eine Gruppe mit komplexem Schritttraining hoher Intensität (HV), eine mit einfachem Hochintensitäts-Schritttraining (HF), und eine mit komplexem Schritttraining niedriger Intensität (LV). „Komplex“ bedeutete in diesem Fall, dass beim Gehen Richtungswechsel stattfanden, dass Hindernisse überwunden werden mussten, oder dass parallel der Gleichgewichtssinn stimuliert wurde, indem die PatientInnen während des Gehens leicht angestoßen wurden oder Gewichtswesten an einer Körperseite trugen. Im Gegensatz dazu liefen die PatientInnen beim einfachen HF-Training nur geradeaus auf einem Laufband. Das Ziel der beiden Hochintensitäts-Trainingsformen war es, eine Belastung im Bereich von 70–80% der maximalen Herzfrequenz zu erreichen. Dagegen war das Belastungsziel des Niedrigintensitäts-Trainings mit 30–40% der maximalen Herzfrequenz deutlich niedriger angesetzt. Bei allen TeilnehmerInnen wurden Bewegungsintensität und körperliche Belastung mit Aktivitäts-, Blutdruck- und Herzfrequenzsensoren überwacht. Das Training wurde drei- bis fünfmal pro Woche für insgesamt 2 Monate durchgeführt. Jede Trainingssession dauerte 40 Minuten. Der Trainingserfolg wurde gemessen, indem PatientInnen zu Beginn und am Ende der Studie bestimmte Geh- und Koordinationstests absolvierten. Dazu gehörte beispielsweise der self-selected speed-Test (SSS), bei dem die Geschwindigkeit gemessen wird, die beim Laufen einer 10 Meter langen Gehstrecke erreicht wird. Weiterhin wurden mithilfe des 6-Minuten-Gehtest die schnellstmögliche Geschwindigkeit beim Gehen sowie die erreichte Gehstrecke erfasst.

Hochintensitäts-Training sorgt für bessere Bewegungsfähigkeit und Koordination

Es zeigte sich, dass die PatientInnen aus beiden Hochintensitäts-Gruppen nach 2 Monaten Training deutlich besser bei den Gehtests abschnitten als PatientInnen der Niedrigintensitäts-Gruppe. So konnten sie ihre maximale Gehgeschwindigkeit um 0,24 bzw. 0,29 Meter pro Sekunde erhöhen, während die LV-PatientInnen nur einen marginalen Zuwachs um 0,07 Meter pro Sekunde erreichten. Auch beim 6-Minuten-Gehtest zeigten sich ähnliche Ergebnisse: HV- und HF-ProbandInnen konnten ihre Gehstrecke um 82 bzw. 96 Meter erhöhen, während die TeilnehmerInnen aus der Niedrigintensitäts-Gruppe nur 34 Meter mehr schafften. Auch bei weiteren Untersuchungen der Bewegungs- und Koordinationsfähigkeit konnten die TeilnehmerInnen der Hochintensitiäts-Gruppen größere Erfolge für sich verbuchen. Insgesamt erreichten 57% bis 80% von ihnen eine klinisch signifikante Verbesserung ihrer Mobilität und Koordination nach 2 Monaten Training, während dies nur für 9% bis 31% der LV-TeilnehmerInnen der Fall war.

Das Hochintensitätstraining hatte keine relevanten Nebenwirkungen. Die TeilnehmerInnen der HV-Gruppe berichteten zwar etwas häufiger über muskuloskelettale Beschwerden, jedoch war der Unterschied nicht signifikant. Interessanterweise gab es Anzeichen dafür, dass die LV-ProbandInnen häufiger stürzten (16 Stürze im Vergleich zu 8 Stürzen in der HV-Gruppe), was darauf hindeuten könnte, dass die ProbandInnen der HV-Gruppe durch das intensivere Training möglicherweise sturzsicherer wurden.

Schlaganfall-PatientInnen müssen körperlich gefordert werden

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass auch Schlaganfall-PatientInnen in der Rehabilitation nicht zu sehr geschont werden sollten. Stattdessen können bestimmte PatientInnen von einer straffen Mobilisierung mit mental anspruchsvollem und körperlich belastendem Trainingsprogramm profitieren. Konkrete Vorteile wären ein geringeres Sturzrisiko sowie mehr Mobilität und Selbstständigkeit im Alltag. Der Vorteil des intensiven Trainingsprogramms liegt darin, dass es sich recht einfach in bestehende Abläufe integrieren lässt. Einer Umsetzung im Reha-Alltag steht prinzipiell nichts im Wege. Jedoch sollten großangelegte Multi-Center-Studien mit einer heterogeneren Patientenpopulation die Ergebnisse nochmals bestätigen, bevor sie endgültig ihren Weg in die Schlaganfall-Rehabilitation finden.

Quelle:
Hornby et al. Contributions of Stepping Intensity and Variability to Mobility in Individuals Poststroke. A Randomized Clinical Trial. Originally published 22 Aug 2019. Stroke. 2019;50:2492–2499