Tod nach Xenotransplantation: Ist ein Virus schuld?

Im Januar 2022 wurde einem Menschen erstmals ein Schweineherz transplantiert. Doch nach zwei Monaten verstarb der Patient. Neuen Erkenntnissen zufolge war das Organ mit einem Virus infiziert.

CMV im transplantierten Schweineherz gefunden

David Bennett – erster Mensch mit Schweineherz

Am 07. Januar 2022 wurde bei dem 57-jährigen US-Amerikaner David Bennett eine solche Xenotransplantation mit einem gentechnisch veränderten Schweineherz zum ersten Mal in der Geschichte der Medizin durchgeführt. Die 8-stündige Operation fand am University of Maryland Medical Center in den USA statt. Der Patient litt an einer Herzinsuffizienz im Endstadium und kam für eine traditionelle Herztransplantation nicht infrage, da er sich nicht an die Anweisungen der Ärzte hielt, seine Medikamente nicht einnahm und auch regelmäßige Untersuchungstermine im Krankenhaus verstreichen ließ. Daher lehnten die Ärzte es ab, ihn für eine Herztransplantation mit einem menschlichen Spenderorgan zu listen. 

Das Angebot, ein Schweineherz zu erhalten, war für den ehemaligen Handwerker und Vater von zwei Kindern die letzte Chance, nicht in den nächsten Wochen zu versterben. Die amerikanische Gesundheitsbehörde FDA bewilligte die Xenotransplantation Ende Dezember 2021 mittels einer Sondergenehmigung.

Nach einer vielversprechenden ersten postoperativen Phase, in der der Patient keine Abstoßungsreaktion zeigte, sich zunehmend erholte und sogar die US-amerikanische Nationalhymne beim Super Bowl mitsingen konnte, verschlechterte sich der Zustand von Bennett nach etwa 40 Tagen rapide. Es kam zu wiederholten, teils schweren, Infektionen, wodurch die immunsuppressive Therapie immer wieder angepasst werden musste. Dies half jedoch nichts. Gut zwei Monate später, am 08.03.2022, verstarb der Patient.

Schweineherz war bereits vor der Transplantation infiziert

Vor wenigen Tagen wurde nun bekannt, dass das transplantierte Herz wohl von einem Schweine-Cytomegalievirus (CMV) befallen war. Dies könnte zu dem vorzeitigen Tod des Patienten beigetragen haben. Obwohl das Schweineherz für Bennett vor der Transplantation auf alle möglichen Bakterien und Viren untersucht wurde, wurde CMV wohl übersehen, sodass sich das Virus im Körper verbreiten konnte. Ein Bluttest auf CMV fiel 20 Tage nach der Operation erstmals positiv aus. Die Mediziner initiierten daraufhin eine Behandlung mit intravenösen Immunglobulinen und dem Virostatikum Cidofovir, auf die der Patient jedoch nicht ansprach.

Diese Neuigkeit könnte die anfängliche Euphorie über die geglückte Operation dämpfen, da eine CMV-Infektion bei Schweinen eigentlich nichts Ungewöhnliches ist und in der Regel vor einer Xenotransplantation entdeckt werden kann. Der deutsche Virologe Joachim Denner, der sich in der Zeitschrift MIT Technology Review zu dem Vorfall geäußert hat, vermutet, dass die US-Amerikaner einen Assay zur Detektion des CMV-Virus benutzt haben, der nicht sensitiv genug war. Dadurch hätten sie wohl das Virus übersehen, was wahrscheinlich zu der tragischen Verschlechterung des Zustands von Bennett führte.

Denner hatte bereits im Jahr 2020 eine Xenotransplantation bei einem Pavian durchgeführt und gezeigt, dass Schweineherzen, die mit CMV infiziert waren, nur wenige Wochen durchhielten, während uninfizierte Herzen deutlich länger funktionierten. Er zeigte auch, dass sich CMV von den infizierten Herzen aufgrund der Immunsuppression in viele weitere Organe ausbreitete und sie schädigte. Ähnliches könnte auch im Körper von David Bennett passiert sein.

Rückschlag für die Transplantationsmedizin?

Die Mediziner um Dr. Bartley Griffith, die den Patienten operiert haben, untersuchen den Fall zurzeit und werden ihre Ergebnisse in einem medizinischen Fachjournal publizieren. Der Vorfall könnte die Genehmigung zukünftiger Xenotransplantationen schwieriger machen. Umstritten sind sie sowieso, da einige Tierschutzorganisationen dieses Vorgehen für unethisch halten.

 

Referenzen: 

1. Regalado. The gene-edited pig heart given to a dying patient was infected with a pig virus. MIT Technology Review, 04.05.2022
2. Denner et al. Impact of porcine cytomegalovirus on long-term orthotopic cardiac xenotransplant survival. Scientific Reports volume 10, Article number: 17531 (2020).
3. Xenotransplantation: Patient war mit Schweinevirus infiziert. Deutsches Ärzteblatt. Freitag, 6. Mai 2022.

Tag der Organspende am 4. Juni

Seit 1983 findet in Deutschland immer am ersten Samstag im Juni der Tag der Organspende statt. Nach zwei Jahren mit rein virtuellen Veranstaltungen findet der Aktionstag 2022 auch wieder an einem zentralen Ort statt. Dieses Jahr in Mainz. Das Motto: Geschenkte Lebensjahre. Der Aktionstag will auf das Thma aufmerksam machen, Menschen Hoffnung geben und Organspendern danken.