Eine Kombinationstherapie mit Aspirin und niedrigdosiertem Rivaroxaban scheint in der Sekundärprävention kardiovaskulärer Ereignisse effektiver zu wirken als eine Aspirin-Monotherapie. Dies zeigt die jüngst im Lancet Journal vorgestellte COMPASS-Studie. Zwar traten vermehrt gastrointestinale Blutungen auf, jedoch war die Gesamtmortalität geringer als unter Aspirin.
Die Therapie mit Plättchenhemmern ist Standard in der Sekundärprävention kardiovaskulärer Ereignisse. Um das Überleben der Patienten zu verbessern, wollte man die Therapie um Antikoagulantien erweitern. Doch erste Studien an Vitamin-K-Antagonisten verliefen ernüchternd. Zwar verbesserte sich das kardiovaskuläre Outcome, jedoch litten die Patienten vermehrt an schweren intrakraniellen Blutungen. Mit den neuen direkten Antikoagulantien kam eine neue Substanzklasse auf, die sich möglicherweise besser eignen könnte. Die hier vorgestellte multizentrische, doppelblind-randomisierte COMPASS-Studie untersuchte in diesem Zusammenhang Rivaroxaban.
In der von Bayer finanzierten Studie wurden rund 27.400 Patienten aus über 600 Krankenhäusern weltweit eingeschlossen und über durchschnittlich zwei Jahre beobachtet. Einschlusskriterium waren eine bekannte koronare Herzkrankheit (KHK) oder eine symptomatische periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK). Die Probanden wurden zufällig auf einen der drei Behandlungsarme aufgeteilt: Acetylsalicylsäure (ASS) 100 mg + Rivaroxaban 2,5 mg zweimal täglich; Rivaroxaban alleine; ASS alleine. 24.000 Teilnehmer litten an einer koronaren Herzkrankheit, 7.500 Teilnehmer an einer pAVK. Der primäre Endpunkt der Studie war das Auftreten von Herzinfarkt, Schlaganfall und kardiovaskulärem Tod. Der durchschnittliche Studienteilnehmer war ein 69 Jahre alter und leicht übergewichtiger Mann, der einen Herzinfarkt erlitten hatte.
Schaut man sich die KHK-Patienten an, zeigt sich, dass die Kombination beider Blutverdünner im Vergleich zu ASS alleine zu einer signifikanten Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse von 6% auf 4% führte, was einer relativen Risikoreduktion von 26% entspricht. Weiterhin wurde das Auftreten von Schlaganfall um 44% und die Gesamtmortalität um 23% gesenkt. Rivaroxaban alleine führte dagegen zu keiner Verbesserung bei diesen Endpunkten.
In der pAVK-Kohorte wurden mithilfe der Kombinationstherapie die kardiovaskulären Ereignisse ebenfalls signifikant von 7% auf 5% gesenkt, was einer relativen Risikoreduktion von 28% entspricht. Zudem wurden Ischämien der unteren Extremitäten um 46% reduziert. Rivaroxaban alleine zeigte zwar auch eine Reduktion der Extremitätenischämien, führte jedoch zu keiner Verbesserung des primären Endpunktes.
Wie bei Studien mit Antikoagulantien üblich, wurden Blutungsereignisse als wichtiger Sicherheits-Parameter betrachtet. In der KHK-Kohorte wurden in der Kombinationsgruppe im Vergleich zur ASS-Gruppe 66% mehr Blutungsereignisse registriert, wobei gastrointestinale Blutungen am häufigsten auftraten. Tödliche Blutungen traten nicht vermehrt auf. Auch die Monotherapie mit Rivaroxaban führte zu 51% mehr Blutungen im Vergleich zu ASS (davon insbesondere mehr intrakranielle Blutungen), aber ebenfalls nicht zu mehr tödlichen Blutungen.
In der pAVK-Kohorte zeigten sich ähnliche Ergebnisse. So traten rund 61% mehr Blutungen in der Kombinationstherapie im Vergleich zur ASS-Monotherapie auf, auch hier größtenteils gastrointestinale Blutungen. Tödliche Blutungen waren selten und gleich verteilt zwischen den Gruppen. Rivaroxaban alleine führte verglichen mit ASS zu 68% mehr Blutungsereignissen.
Da die genannten Angaben relativ beschrieben sind, sei hierzu noch gesagt, dass im Verlauf der Studie durchschnittlich einer von 30 Patienten ein Blutungsereignis erlitt, aber nur einer von 700 daran verstarb.
Während die ATLAS-Studien mit Apixaban 5 mg und Rivaroxaban 5 mg keine erfolgversprechenden Resultate lieferten, zeigt die im November 2017 vorgestellte COMPASS-Studie mit der Kombinationstherapie von ASS und niedrigdosiertem Rivaroxaban 2,5 mg, dass eine optimierte Sekundärprävention für einige Patienten möglich ist, ohne das Risiko für schwere Blutungen zu erhöhen. Das bestätigt nach Ansicht der Autoren auch die Netto-Betrachtung von positivem und negativem Outcome: Die reduzierten kardiovaskulären Ereignisse würden die vermehrte Blutungsneigung aufwiegen. Die reduzierte Gesamtmortalität spräche ebenfalls für die Kombinationstherapie. Der kardiovaskuläre Benefit der zweijährigen Therapie mit ASS und Rivaroxaban kann den Autoren zufolge mit einer 5-jährigen Statin- oder ACE-Hemmer-Therapie verglichen werden.
Zahlreiche Experten nehmen an, dass die Ergebnisse dieser Studie bald auch in der Praxis Anwendung finden werden. Eine kleine nicht-repräsentative Umfrage unter Kardiologen an der Charité ergab, dass die Kombination von ASS und Rivaroxaban bereits eingesetzt wird, jedoch vorerst nur wenigen Patienten mit hohem kardiovaskulärem Risikoprofil und niedrigem Blutungsrisiko vorbehalten ist.
Referenzen:
1. Connolly SJ et al. Rivaroxaban with or without aspirin in patients with stable coronary artery disease: an international, randomised, double-blind, placebo-controlled trial. Lancet. 2017 Nov 10. pii: S0140-6736(17)32458-3. doi: 10.1016/S0140-6736(17)32458-3. [Epub ahead of print]
2. Anand SS et al. Rivaroxaban with or without aspirin in patients with stable peripheral or carotid artery disease: an international, randomised, double-blind, placebo-controlled trial. Lancet. 2017 Nov 10. pii: S0140-6736(17)32409-1. doi: 10.1016/S0140-6736(17)32409-1. [Epub ahead of print]