Update ANCA-assoziierte Nephritiden
Immunantworten lenken und Nierenschäden begrenzen: Avacopan und neue Marker verbessern die Therapie ANCA-assoziierter Vaskulitiden.
Das Wichtigste in Kürze
- Therapieziele: Vermeiden von infektiösen Komplikationen der Therapie (Haupttreiber der Mortalität) sowie Kontrolle von Nierenschäden
- Avacopan bietet eine relativ neue Alternative zur steroidbasierten Induktionstherapie, die zu einer rascheren Kontrolle der Krankheitsaktivität führt
- Die Rolle der Plasmapherese wird weiter kontrovers diskutiert, sodass nur eine individualisierte Entscheidung möglich ist. Patienten mit sehr schlechter Nierenfunktion profitieren wahrscheinlich.
Die Ausgangslage
Eingangs des Vortrages eine kurze Rekapitulation der Pathogenese: Autoantikörper (ANCA), die gegen Antigene von Neutrophilen gerichtet sind, binden an selbige und führen zu deren Aktivierung. Die Gefäßmanifestationen entstehen demnach nicht durch die ANCAs, sondern durch aktivierte Neutrophile, die das Endothel schädigen. Eine wichtige Rolle hierfür spielt nach neueren Erkenntnissen die Bildung von Komplementfaktoren durch ANCA-aktivierte Neutrophile, insbesondere von C5a. Ein Targeting des C5a-Rezeptors eröffnet eine neue Option in der Therapie, wie Nephrologe Prof. Adrian Schreiber von der Charité im weiteren Vortrag aufzeigt.
Er erinnert eingangs auch daran, dass die erhöhte Mortalität von Vaskulitis-Patienten, die vor allem im ersten Jahr auftritt, vornehmlich durch infektiöse Komplikationen der derzeitigen Therapien bedingt ist, und nachrangig von nicht kontrollierter Krankheitsaktivität.
Was ist neu in der Therapie?
Als relativ neue Option für die Induktionstherapie präsentierte der Referent Daten zum spezifischen C5aR-Inhibitor Avacopan. In der randomisierten, kontrollierten 'ADVOCATE'-Studie aus 2020 konnten hierdurch Steroide eingespart werden und mehr Patienten erreichten eine längere Remission als unter Prednison (alle Patienten erhielten zusätzlich Standardimmunsuppresion mittels Rituximab oder Cyclophosphamid).2 Auch war unter Avacopan eine bessere Erholung der Nierenfunktion (gemessen an GFR und Albuminausscheidung) zu verzeichnen. Eine kleine, von Schreiber gezeigte Real World-Analyse aus Deutschland attestierte dem in der EU erst seit 2022 zugelassenen Medikament ebenfalls eine gute Wirksamkeit. In Deutschland seien jedoch die Erfahrungen mit Avacopan noch nicht so groß und viele Zentren setzen daher zusätzlich noch zu viel Steroid ein, betont Schreiber.
Bei der Diskussion um die Rolle der Plasmapherese gibt es immer wieder Pro und Contra. Derzeitige Daten, beispielsweise aus der sehr großen 'PEXIVAS'-Studie, liefern keine Rationale für eine klare Empfehlung.3 Bezüglich der Mortalität, der Relapse-Rate und dem Auftreten einer DAH (diffuse alveoläre Hämorrhagie) zeigte sich insgesamt kein Vorteil. Bei Patienten mit schlechter initialer Nierenfunktion (GFR < 15 mL/Min) kann ein dialysepflichtiges Nierenversagen öfter vermieden werden, jedoch unter Inkaufnahme eines höheren Infektionsrisikos.
Remissionserhaltung und Entwicklung neuer Aktivitätsmarker
Hinsichtlich der Remissionserhaltung zeigte sich Rituximab bereits in den einige Jahre zurückliegenden 'MAINRITSAN'-Studien überlegen gegenüber der bis dahin häufig eingesetzten Erhaltungstherapie mit Azathioprin, wobei die Therapiedauer ebenfalls individuell festzulegen ist. Eine B-Zell- oder ANCA-adaptierte Gabe von Rituximab sei laut der neueren 'MAINTANCAVAS'-Studie nicht zu empfehlen.4 Derzeit gibt es keine klaren Daten dazu, wie lange Rituximab gegeben werden soll und eine prolongierte Gabe hat wahrscheinlich viele Risiken, so Schreiber.
Abschließend wurde noch das Thema der stillen (oder okkulten) Krankheitsaktivität angesprochen. Bei Patienten, die klinisch und paraklinisch als in Remission eingeschätzt werden, ist es schwierig zu beurteilen, wie es wirklich um die Inflammation in der Niere steht. Marker wie Proteinurie oder Hämaturie seien hier schlecht geeignet oder hinkten hinterher, da diese eine Schädigung anzeigen. Analog zur Lupusnephritis könnten auch bei ANCA-Nephritiden Rebiopsien sinnvoll sein. Alternativ befinden sich neue Biomarker in der Entwicklung, beispielsweise zeigten sich die CD4+-T-Zellen im Urin in einer neuen Arbeit der Charité als Prädiktor für ein renales Rezidiv.5
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ANCA assoziierte Nephritiden (146846) | CRs | kongress2024 | dgim | meta-dcr. https://dgim.meta-dcr.com/kongress2024/crs/anca-assoziierte-nephritiden.
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Jayne, D. R. W., Merkel, P. A., Schall, T. J. & Bekker, P. Avacopan for the Treatment of ANCA-Associated Vasculitis. New England Journal of Medicine 384, 599–609 (2021).
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Walsh, M. et al. Plasma Exchange and Glucocorticoids in Severe ANCA-Associated Vasculitis. New England Journal of Medicine 382, 622–631 (2020).
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Zonozi, R. et al. Maintenance of remission of ANCA vasculitis by rituximab based on B cell repopulation versus serological flare: a randomised trial. Ann Rheum Dis 83, 351–359 (2024).
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Prskalo, L. et al. Urinary CD4 + T Cells Predict Renal Relapse in ANCA-Associated Vasculitis. J Am Soc Nephrol 35, 483–494 (2024).
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