Neue Erkenntnisse zur Therapie von Parkinson durch Tiefenhirnstimulation

Erstmals gelang es durch gezielte Tiefenhirnstimulation bei Parkinsonpatienten zu zeigen, dass kein kausaler Zusammenhang zwischen dem Prozess der Entscheidungsfindung und der Kontrolle der Bewegungsgeschwindigkeit im Nucleus Subthalamicus besteht.

Parkinson: Zusammenhang von Bewegungsgeschwindigkeit und Entscheidungsfindung?

Bislang war der Zusammenhang zwischen der Bewegungsgeschwindigkeit und dem Prozess der Entscheidungsfindung im Nucleus Subthalamicus unbekannt. Die Autorinnen und Autoren der Studie (Dynamic control of decision and movement speed in the human basal ganglia; DOI: https://doi.org/10.1038/s41467-022-35121-8) fanden heraus, dass beide Prozesse unabhängig voneinander, ohne kausalen Zusammenhang, erfolgen. Durch THS mit Stromimpulsen in kurzen Intervallen gelang es, eine Verbesserung der Motorik ohne unerwünscht beschleunigte Entscheidungsfindung zu erreichen.1

Welche Therapieoptionen gibt es bei Morbus Parkinson?

Morbus Parkinson gilt mit einer Prävalenz von 100-200/100.000 Einwohnern als zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung in Deutschland. Durch den Untergang dopaminerger Neurone in der Substantia nigra kommt es zur typischen Symptomtrias aus Rigor, Tremor und Akinese. Abzugrenzen vom Morbus Parkinson als idiopathischem Parkinson-Syndrom (IPS) sind die atypischen und sekundären Parkinsonsyndrome, welche ebenfalls durch oben genannten Symptomkomplex klinisch apparent werden können. 

Zur Therapie des Morbus Parkinson gehört neben supportiven Therapien wie Physio-, Ergotherapie und Logopädie eine medikamentöse Therapie. Diese beruht auf einem Ausgleich des Transmitterungleichgewichts und Dopaminmangels. Welche medikamentöse Therapie für den jeweiligen Patienten die richtige ist, ist eine individuelle Entscheidung abhängig von Alter und Komorbiditäten. Zur Auswahl stehen unter anderem L-Dopa, Non-Ergot-Dopaminagonisten und MAO-B-Hemmer.

Eine weitere nicht-medikamentöse Therapieoption ist die Tiefenhirnstimulation.

Wann ist die Tiefenhirnstimulation bei Parkinsonpatienten indiziert?

Entsprechend der S3-Leitlinie zur Therapie des IPS gelten folgende Indikationen zur Tiefenhirnstimulation:

"Die bilaterale elektrische Stimulation des Nucleus subthalamicus soll Patienten mit nachgewiesener idiopathischem IPS angeboten werden, die eine der folgenden Krankheitsausprägungen aufweisen:

Sowie:

Die bilaterale elektrische Stimulation des Nucleus subthalamicus kann Patienten ≤ 60 Jahren mit nachgewiesenem IPS, schon in den ersten drei Jahren nach Beginn von Fluktuationen oder Dyskinesien angeboten werden, wenn

Die Therapie ist mit einem operativen Eingriff und damit besonderen Risiken verbunden, die gegen den Gewinn durch die Therapie individuell abgewogen werden müssen."2

Wie funktioniert die Tiefenhirnstimulation?

Die Tiefenhirnstimulation ist ein stereotaktischer neurochirurgischer Eingriff. Dem meist wachen Patienten werden hierbei durch die Schädeldecke Elektroden intrazerebral eingeführt. Das Zielareal ist in den häufigsten Fällen der Nucleus Subthalamicus. Während der Operation werden Nervensignale abgeleitet und Teststimulationen durchgeführt, um das Zielareal sicher zu lokalisieren. Nachfolgend werden in einem zweiten Eingriff Kabel und Stimulator subkutan entweder thorakal oder abdominal implantiert. Anschließend werden die Stimulationsparameter über mehrere Wochen schrittweise angepasst.

Welche neuen Erkenntnisse liefert die Studie zu Parkinson?

In der 2022 veröffentlichten Studie untersuchten die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen den Zusammenhang zwischen der Bewegungsgeschwindigkeit und der Geschwindigkeit von Entscheidungsfindungen im Nucleus Subthalamicus. Bislang war unklar, ob beide Prozesse separat voneinander gesteuert werden. Bei 13 Parkinsonpatienten erfolgte eine THS mit elektrischen Impulsen in kurzen Intervallen, sogenannten Bursts. Währenddessen wurden die Patienten aufgefordert, motorische Aufgaben auszuführen und Entscheidungen zu treffen. Es zeigte sich, dass durch die Gabe der kurzen Stromimpulse eine Beeinflussung der Motorik ohne zusätzliche unerwünschte Beschleunigung der Entscheidungsfindung möglich war. Hierdurch kann eine gezieltere, verbesserte Therapie der motorischen Einschränkungen von Parkinsonpatienten durch THS erfolgen.1,3

Referenzen: