Zolpidem stört nächtliche Entgiftung des Gehirns – Risiken für die neuroprotektive Schlaffunktion
Während des Tiefschlafes spült ein Selbstreinigungsprozess das Gehirn normalerweise von tagsüber angehäuften Giftstoffen frei – ein gängiges Schlafmittel könnte diese Abfallbeseitigung jedoch behindern, wie eine wegweisende neue Studie berichtet.
Wie reinigt sich das Gehirn im Schlaf selbst?
- Die rhythmische Freisetzung von Noradrenalin stimuliert ein Pumpsystem, das während des Tiefschlafes Abfallstoffe ausspült: das glymphatische System1
- Das Schlafmittel Zolpidem verändert die natürlichen Oszillationen, die für die Funktion dieses Systems nötig sind und beeinträchtigt so die Selbstreinigung
- Die Studie unterstreicht die Bedeutung von erholsamem Schlaf für die Erhaltung der Hirngesundheit
Mit klarem Kopf aufwachen?
Eine im Januar 2025 in der Zeitschrift 'Cell' veröffentlichte Studie beschreibt erstmals neue Details dazu, welche Rolle der Schlaf für die Clearance von Abfallstoffen aus dem Gehirn spielt.2–4
Während des Tiefschlafs (Non-REM-Schlaf) schüttet der Locus coeruleus im Hirnstamm etwa alle 50 Sekunden winzige Mengen des Neurotransmitters Noradrenalin aus (Microarousals). Die hieraus resultierenden Kontraktionen der Blutgefäße erzeugen vom Herzschlag unabhängige, langsame Pulsationen, die einen rhythmischen Fluss in der umgebenden Flüssigkeit auslösen.1 Diese Oszillationen treiben das glymphatische System an – ein hirnweites Netzwerk, das dem Herausspülen von Giftstoffen dient.3
Langfristige Einnahme von Schlafmitteln kann problematisch sein
Die Forscher gingen anschließend der Frage nach, ob Schlafmittel diese feine Synchronisation nachahmen können. Sie wählten für ihre Untersuchungen an Mäusen den häufig als Schlafhilfe verordneten Wirkstoff Zolpidem aus.
Ihre Beobachtungen lassen Bedenken hinsichtlich einer langfristigen Einnahme aufkommen: Zolpidem veränderte die Schlafarchitektur und unterdrückte die Norepinephrin-Wellen, wodurch das glymphatische System gestört und die Abfallentsorgung verschlechtert wurden. Unter dem Medikament waren die Norepinephrin-Wellen im Tiefschlaf um 50 % niedriger und der Flüssigkeitstransport ins Gehirn sank um mehr als 30 %.1
„Immer mehr Menschen nehmen Schlafmittel ein, und es ist sehr wichtig zu wissen, ob das ein gesunder Schlaf ist. Wenn Menschen nicht den vollen Nutzen des Schlafs bekommen, sollten sie sich dessen bewusst sein, damit sie informierte Entscheidungen treffen können“, sagt Erstautorin Natalie Hauglund, PhD.1
In Humanstudien wurden ähnliche Norepinephrin-Wellen, Blutflussmuster und Bewegungen der Hirnflüssigkeit beobachtet, das glympathische System am Menschen müsse jedoch noch weiter untersucht werden.1
Zusammenhang zwischen Schlaf und dem glymphatischen System erhält seit einigen Jahren zunehmende Aufmerksamkeit
Schlafstörungen treten häufig in frühen Stadien neurodegenerativer Erkrankungen auf und stehen mit einem erhöhten Demenzrisiko in Verbindung.2
Die perivaskulären Räume als Wege mit geringem Widerstand erlauben einen raschen Liquoreinstrom in tiefe Hirnregionen. Erhöhte Gefäßsteifigkeit, Hirnschäden oder Gliose können den glymphatischen Fluss behindern und so zur Entwicklung neurodegenerativer Krankheiten prädisponieren, so die Studienautoren der Universitäten Rochester und Kopenhagen.2
„[Unsere Arbeit] macht auch auf die potenziell schädlichen Auswirkungen bestimmter pharmakologischer Schlafhilfen auf die Hirngesundheit aufmerksam und unterstreicht die Notwendigkeit, die natürliche Schlafarchitektur für eine optimale Hirnfunktion zu erhalten“, resümiert die Leiterin der Forschungsgruppe, Dr. Maiken Nedergaard, Co-Direktorin des University of Rochester Center for Translational Neuromedicine.3
- SK, E.-. Deep sleep’s brain-cleaning system revealed in landmark study - Middle East Health. https://middleeasthealth.com/middle-east-health/the-back-page/deep-sleeps-brain-cleaning-system-revealed-in-landmark-study/ (2025).
- Hauglund, N. L. et al. Norepinephrine-mediated slow vasomotion drives glymphatic clearance during sleep. Cell 188, 606-622.e17 (2025).
- Common Sleep Aid May Leave Behind a Dirty Brain. URMC Newsroom https://www.urmc.rochester.edu/news/story/common-sleep-aid-may-leave-behind-a-dirty-brain.
- News, N. Deep Sleep Drives Brain’s Waste Clearance, Aiding Cognitive Health. Neuroscience News https://neurosciencenews.com/sleep-glympthatic-norepinepherine-28332/ (2025). letzter Zugriff auf Websites: 16.02.25