Bestrahlung und auch Chemotherapie senken insbesondere im Frühstadium des Mammakarzinoms sowohl die Rezidivrate als auch die Mortalität signifikant ab. Allerdings deuteten Langzeitstudien auf der anderen Seite ein höheres Risiko für Herzkrankheiten als Folge dieser Intensivtherapien an – eine aktuelle Kohortenstudie erbringt dafür nun auch statistische Belege.
Mit Früherkennung und immer mehr zielgerichteten Behandlungsansätzen überlebt heute bereits eine große Zahl von Menschen ihre Krebserkrankung. Dadurch müssen häufig auch gerade im Frühstadium einer Tumorerkrankung die Behandlungsziele erweitert werden: Es geht nicht mehr einzig um das Überleben, sondern ebenso wichtig ist den Patientinnen die Lebensqualität. Studien warnen jedoch seit Längerem vor den Spätfolgen einiger klassisch eingesetzter Verfahren, wie beispielsweise Radiatio oder Chemotherapie. In beiden Fällen, so scheint es, tragen Frauen nach einer Brustkrebserkrankung ein deutlich höheres kardiales Risiko.
Um diesen Zusammenhang zwischen Anti-Tumortherapie und Herztod zu klären, wurden Daten von fast 2 Millionen Frauen mit Brustkrebs aus 22 Ländern zwischen 1987–2002 in die Kohorten-Studie eingeschlossen. Etwa eine Million dieser Frauen hatte während der Therapie eine Bestrahlung erhalten, mehr als 220.000 hingegen eine Chemotherapie. Über 300.000 Patientinnen wurden zudem mit einem endokrinen Therapieansatz behandelt. Insgesamt 55.264 Frauen starben am Ende an einer Herzerkrankung.
Offensichtlich spielt in diesem Zusammenhang vor allem die Lage des Mammakarzinoms eine entscheidende Rolle. So zeigte sich anhand der Daten, dass insbesondere linksseitige Tumoren unter Strahlentherapie die Herzen der Patientinnen stark belasten.
So stellten die ForscherInnen beispielsweise fest, dass das relative Risiko (RR) für den Herztod im Vergleich zwischen linksseitigen und rechtsseitigen Tumoren nach Bestrahlung 1,13 betrug (95%-KI: 1,09–1,17). Am höchsten war das Risiko dabei für jüngere Frauen (RR = 1,46 im Alter von 40 Jahren; RR = 1,20 im Alter zwischen 50 und 59 Jahren; RR = 1,08 für Frauen älter 70 Jahre).
Erhielten die Frauen mit linksseitigen Tumoren zusätzlich zur Radiatio eine Chemotherapie, so nahm das relative Risiko sogar auf 1,42 zu. Darüber hinaus stieg das Risiko für den Herztod mit den Jahren seit Krebsdiagnose in der linken Brust an: RR = 1,03 nach 0–4 Jahren; RR = 1,11 nach 5–14 Jahren und RR = 1,21 nach mehr als 25 Jahren.
Die Arbeit zeigt sehr eindrücklich, dass vor allem Frauen mit linksseitigem Mammakarzinom, welches mittels Radiatio und gegebenenfalls chemotherapeutisch behandelt wurde, auch noch Jahre nach der Therapie ein erhöhtes kardiales Risiko aufweisen. Je jünger die Frauen zur Zeit der Krebsbehandlung waren desto größer ist auch deren Risiko über die Zeit.
Für (nach)behandelnde ÄrztInnen bedeutet dieser Befund, dass die Behandlung der Frauen auch nach der eigentlichen Krebstherapie nicht endet. Vielmehr sollte das kardiale Risiko, insbesondere in der Risikokonstellation "jüngeres Lebensalter + linksseitiges Mammakarzinom + Radiatio mit oder ohne zusätzliche Chemotherapie" für eine lebenslange kardiovaskuläre Nachsorge sensibilisieren.
Quelle:
Henson KE et al., Cardiac mortality after radiotherapy, chemotherapy and endocrine therapy for breast cancer: Cohort study of 2 million women from 57 cancer registries in 22 countries. International Journal of Cancer 2020; https://doi.org/10.1002/ijc.32908