Besonders häufig betroffen sind Patienten mit akuten Leukämien. Die Rate an febrilen Neutropenien nach Chemotherapie liegt hier bei 85–95 Prozent. Bei soliden Tumoren rangiert sie etwa zwischen 5 und 20 Prozent.
Entscheidend für den Verlauf ist das zugrundeliegende Risiko, das von folgenden Kriterien abhängt:
Bei einer voraussichtlichen Dauer der febrilen Neutropenie von > 7 Tagen zählen die Betroffenen zur Hochrisikogruppe. Ebenso hochriskant ist eine zu erwartende Dauer von < 7 Tagen, wenn zusätzliche Risikofaktoren wie z.B. Komorbiditäten bestehen. Lediglich Patienten mit voraussichtlich kurzem Verlauf und ohne weitere Risikofaktoren gehören der Standardrisikogruppe an und können ggf. ambulant behandelt werden. Doch dazu später.
Die wichtigste Botschaft lautet: früh dran sein! Diagnostisch wegweisend sind vor allem eine gründliche körperliche Untersuchung und Anamnese, ein Basislabor sowie Blutkulturen. Daran schließt sich das zeitnahe Einleiten einer Antibiose an. Sie richtet sich primär nach dem jeweiligen Keimvorkommen in der Klinik. Es ist daher ratsam, mit der Mikrobiologie des eigenen Hauses vertraut zu sein.
Die Therapie erfolgt für 96 Stunden, danach wird evaluiert: Ist der Patient klinisch stabil? Hat er entfiebert? Neu in den Leitlinien ist die Empfehlung, die Antibiose bei stabilen, afebrilen Patienten zu beenden, auch wenn sie weiter neutropen sind. Allerdings sollten sie engmaschig beobachtet werden.
Viele Tumorpatienten wünschen sich eine ambulante Behandlung. Bei einem Standardrisiko kann diesem Wunsch oftmals entsprochen werden. Zur Einschätzung hilft der sogenannte Multinational Association of Supportive Care in Cancer (MASCC)-Score, der individuelle Faktoren wie die Symptomatik, die Höhe des Blutdrucks und das Alter miteinbezieht. Auch die Compliance ist entscheidend bei der Frage, ob ein Patient zu Hause behandelt werden kann. Er muss die Dringlichkeit der Situation verstanden haben, gut erreichbar und in einem adäquaten Umfeld versorgt sein.
Sind all diese Kriterien erfüllt, wird eine ambulante Therapie mit Amoxicillin/Clavulansäure + Ciprofloxacin begonnen und wie gehabt nach 96 Stunden evaluiert. Entfiebert der Patient in dieser Zeit nicht, muss er stationär aufgenommen werden.
Wichtig bei der antibiotischen Therapie: Viel hilft nicht viel. Für breit gefächerte Kombinationstherapien und ausgesuchte Reserveantibiotika besteht keinerlei Evidenz. Sie sollten daher klinisch oder mikrobiologisch begründeten Einzelfällen vorbehalten bleiben.