Inoperables Nierenzellkarzinom: Bestrahlung als Alternative?
Erste Wahl bei der Behandlung primärer Nierenzellkarzinome ist die Operation. Doch nicht alle Tumoren sind operabel. Hier könnte ein Verfahren zum Zug kommen, das in der Nephroonkologie lange Zeit eine untergeordnete Rolle spielte: die Radiotherapie.
Die Studie im Überblick
- In die Kohortenanalyse wurden 190 Patientinnen und Patienten mit Nierenzellkarzinom im Stadium I aus fünf Ländern eingeschlossen.
- Alle Probanden hatten zwischen 2007 und 2018 eine primäre SBRT erhalten, davon 43% als Einzeitbestrahlung und 57% als fraktioniertes Regime.
- Die Nachbeobachtungszeit betrug mindestens zwei Jahre.
- Primärer Endpunkt war die Lokalrezidivrate gemäß RECIST (Response Evaluation Criteria In Solid Tumors)- Kriterien.
Nach 5 Jahren lag das krebsspezifische Überleben bei 92%. Das progressionsfreie Überleben im selben Zeitraum betrug knapp 64%, wobei rund drei Viertel der insgesamt 66 Todesfälle nicht auf den Tumor zurückzuführen waren. Immerhin waren die Probanden im Median knapp 74 Jahre alt und hatten häufig Komorbiditäten.
Einzeitig besser als fraktioniert
Auch hinsichtlich des primären Endpunkts fand das Studienteam beachtliche Werte. So lag die 5-Jahres-Inzidenz lokaler Rezidive bei gerade einmal 5,5% – und das bei mehrheitlich inoperablen Patienten mit relativ großen Tumoren (medianer Durchmesser 4 cm).
Dabei schnitt die Einzeit-SBRT besser ab als die fraktionierte Bestrahlung. Sie war sowohl mit einer geringeren Lokalrezidivrate als auch mit einem höheren progressionsfreien Überleben im Vergleich zur mehrzeitigen SBRT assoziiert.
GFR von der SBRT wenig beeinträchtigt
Als nächstes untersuchten die Forscher den Verlauf der Nierenfunktion. Prätherapeutisch betrug die mediane glomeruläre Filtrationsrate (eGFR) 60 ml/min/1,73 m². Nach fünf Jahren sank sie im Median um 14,2 ml/min/1,73 m2 ab. Allerdings hatte fast die Hälfte der Betroffenen schon vor der Behandlung eine chronische Niereninsuffizienz von Grad ≥ 3 (GFR < 60 ml/min pro 1,73 m2), knapp 30% hatten eine Einzelniere.
Dialysepflichtig wurden während der Nachbeobachtungszeit sieben Patienten (4%). Auch sie hatten bereits vor der SBRT eine deutlich eingeschränkte Nierenfunktion mit einer medianen eGFR von 33 ml/min pro 1,73 m2.
Bestrahlung gut verträglich
Auch die Nebenwirkungen der Radiotherapie blieben überschaubar. Höhergradige Toxizitäten (duodenales Ulkus und Gastritis) erlitt lediglich ein Patient. 70 Betroffene (37 %) entwickelten leichte Toxizitäten von Grad 1–2, darunter vor allem Fatigue. Die Toxizitätsraten bei einzeitiger und fraktionierter Radiotherapie unterschieden sich nicht.
Fazit für die Praxis
Die umfassende Metaanalyse vom International Radiosurgery Consortium of the Kidney (IROCK) liefert erstmals belastbare Langzeitdaten zur SBRT beim primären Nierenzellkarzinom. Aus Sicht der Forscher erweist sich die Strahlentherapie auch auf lange Sicht als effektiv und sicher. Für Patientinnen und Patienten, die inoperabel sind oder eine Operation ablehnen, eröffnet sich damit eine weitere Behandlungsoption. Im Gegensatz zur Resektion ist die Radiotherapie zudem ein schonendes Verfahren, das gerade bei älteren Menschen mit Komorbiditäten vorteilhaft sein könnte.
- Siva S, Ali M, Correa RJM et al (2022) 5-year outcomes after stereotactic ablative body radiotherapy for primary renal cell carcinoma: an individual patient data meta-analysis from IROCK (the International Radiosurgery Consortium of the Kidney). Lancet Oncol 23(12):1508–1516. DOI: 10.1016/S1470-2045(22)00656-8.
- Rühle A, Kirste S. Vielversprechende Therapieoption insbesondere für ältere und inoperable Patienten. Stereotaktische Strahlentherapie von primären Nierenzellkarzinomen. InFo Hämatologie + Onkologie 2023; 26(3): 28-29. DOI: https://doi.org/10.1007/s15004-023-9857-5.