Therapiemodalitäten beim Glioblastom

Das Glioblastom ist ein äußerst aggressiver Hirntumor, trotz verschiedener Therapiekonzepte mit meist schlechter Prognose. Welche Behandlung wird empfohlen?

Standardbehandlungsprotokolle bei Glioblastom 

Basierend auf den Ergebnissen einer Phase-III-EORTC-Studie von 2005 werden Patienten mit neu diagnostiziertem Glioblastom mit einer maximal sicheren Resektion (unter Erhalt der neurologischen Funktion) behandelt, gefolgt von einer Strahlentherapie und der gleichzeitigen und kontinuierlichen Gabe von Temozolomid (TMZ).3 Neben TMZ als Erstlinientherapie umfasst das Chemotherapieregime entweder Bevacizumab oder Nitrosoharnstoffverbindungen (Lomustin), die als Zweitlinientherapie dienen.1 Das Resektionsausmaß ist ein wichtiger prognostischer Faktor, wobei intraoperative MRT (iMRT) und 5‑Aminolävulinsäure (5-ALA) gestützte Operationstechniken laut einer aktuellen prospektiven Studie zu vergleichbaren Verbesserungen des Überlebens beitragen (keine Überlegenheit der iMRT für die Erzielung vollständiger Resektionen).2,4 Die Vermeidung neuer permanenter neurologischer Defizite hat Vorrang gegenüber der operativen Radikalität.5

Neuroonkologische Zentren evaluieren in jedem Krankheitsstadium die Behandlungsmöglichkeit im Rahmen einer klinischen Therapiestudie. Diese beschäftigen sich mit biomarker-, zell- oder antikörperbasierten Konzepten, therapeutischen Vakzinierungen sowie Ansätzen zur Optimierung der jetzigen Standardtherapien. Für die Therapieempfehlung außerhalb klinischer Studien sind neben dem molekularen Profil des Tumors auch das Alter und der klinische Zustand (KPS/ECOG-Performancestatus) des Patienten ausschlaggebend.2

Patientenzentrierte supportive Therapie in allen Stadien wichtig

Aufgrund der oft ausgeprägten neurologischen Symptomatik und psychischen Belastung ist eine frühzeitige symptomorientierte Therapie, eine psychoonkologische Mitbetreuung und das Einrichten einer ambulanten palliativmedizinischen Versorgung bedeutsam.2

Eine weitere Therapieoption sind Tumortherapiefelder ("tumor treating fields", "Optune®"), bei der an der Kopfhaut des Patienten angebrachte Wandler-Arrays elektrische Wechselfelder erzeugen, von denen nach jetzigem Erkenntnisstand angenommen wird, dass sie die Zellteilung stören. Die Technologie wird derzeit nur von ihrem Entwickler Novocure angeboten.6 Auf Grundlage vielversprechender Ergebnisse zweier Phase-III-Studien erteilte die FDA die Zulassung und einschlägige Fachgesellschaften gaben Empfehlungen für den Einsatz heraus.

Dennoch wurden die Ergebnisse der Studien in der Fachwelt auch kritisch diskutiert. Neben dem unverblindeten Design und dem Fehlen eines Scheingerätes war zu beanstanden, dass die Kontrollgruppe weniger adjuvante Chemotherapie erhielt als die Behandlungsgruppe und eine der beiden Studien aufgrund der Ergebnisse einer Interimsanalyse vorzeitig beendet wurde. Weitere von Experten geäußerte Kritikpunkte waren eine problematische Verzögerung zwischen Diagnose und Randomisierung, der unklare Wirkmechanismus des Geräts, die sehr hohen Kosten (ca. 21.000 $ pro Monat) und die komplizierte Anwendung. Wie bei vielen proprietären Behandlungen scheint die Literatur zu TTFields leider durch finanzielle Beziehungen beeinflusst, wobei ein starker Zusammenhang zwischen positiven Auffassungen zu deren Einsatz und finanziellen Interessenkonflikten mit dem Gerätehersteller nachgewiesen wurde, gibt eine aktuelle Metaanalyse zu bedenken.1,6

Interdisziplinärer, multiprofessioneller Therapieansatz nötig

Das Glioblastom ist das häufigste und tödlichste primäre Malignom des zentralen Nervensystems (es macht 46 Prozent der malignen ZNS-Tumoren aus; mit einer jährlichen Inzidenzrate von ~3,2 pro 100.000).1 Trotz erheblicher Ressourcen, die dieser Krankheit zur Verfügung gestellt werden und zahlreicher klinischer Phase-III-Studien in den letzten 20 Jahren, wurden seit der Einführung des EORTC-Protokolls nur wenige Therapiefortschritte erzielt und die 5-Jahres-Gesamtüberlebensraten sind nach wie vor schlecht (< 10 Prozent).2,6 Das mediane Gesamtüberleben (OS) ab Diagnose liegt zwischen 14,6 und 16,7 Monaten und das mediane PFS zwischen 5,5 und 7,3 Monaten. Nach einem Rezidiv sind die Behandlungsmöglichkeiten limitiert, das mediane Überleben bei aktiver Behandlung bewegt sich hier um 7 Monate.1

Zunehmendes Interesse gilt daher adjunktiven Therapien. Die restriktive ketogene Diät (RKD) ist zu einem zunehmend wichtigen Gegenstand auf dem Gebiet der Neuroonkologie geworden. Nachdem die antitumoralen Effekte der RKD in präklinischen Studien nachgewiesen wurden, konnten klinische Studien eine Verlängerung des Überlebens bei fehlender Toxizität bzw. Abwesenheit größerer Nebenwirkungen bestätigen.7,8 "Zusammengenommen deuten die Ergebnisse darauf hin, dass die RKD in Kombination mit der Standardbehandlung einen vielversprechenden neuen therapeutischen Weg für GBM-Patienten darstellen könnte, mit ermutigenderen Ergebnissen als die bisherigen Behandlungen", resümieren die Autoren einer aktuellen Übersichtsarbeit.7 Dass der Energiestoffwechsel von Tumoren ein enorm vielversprechendes Target darstellt, mit dem sich mehr und mehr Studien erfolgreich beschäftigen, berichteten wir in unserem Beitrag Krebs als Erkrankung des Stoffwechsels – mit metabolischen Lösungsstrategien. Laufende Forschungsarbeiten verfolgen das Ziel, spezifische Patientensubgruppen mit maßgeschneiderten genetischen Profilen und individuellen Behandlungsprotokollen zu etablieren.

Quellen:
  1. Regev, O., Merkin, V., Blumenthal, D. T., Melamed, I. & Kaisman-Elbaz, T. Tumor-Treating Fields for the treatment of glioblastoma: a systematic review and meta-analysis. Neuro-Oncology Practice 8, 426–440 (2021).
  2. Rieger, D. et al. Glioblastom – aktuelle Therapiekonzepte. Onkologie 30, 145–156 (2024).
  3. Stupp, R. et al. Radiotherapy plus concomitant and adjuvant temozolomide for glioblastoma. N Engl J Med 352, 987–996 (2005).
  4. Roder, C. et al. Intraoperative MRI-Guided Resection Is Not Superior to 5-Aminolevulinic Acid Guidance in Newly Diagnosed Glioblastoma: A Prospective Controlled Multicenter Clinical Trial. J Clin Oncol 41, 5512–5523 (2023).
  5. S2k-Leitlinie Gliome. https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/030-099.
  6. Hayes, M. J. & Prasad, V. Association between conflict of interest and published position on tumor-treating fields for the treatment of glioblastoma. Journal of Cancer Policy 21, 100189 (2019).
  7. Brotis, A. G., Arvaniti, C., Kontou, M., Tsekouras, A. & Fountas, K. N. Ketogenic Diet in the Management of Glioblastomas: A Bibliometric Analysis. Neuroglia 5, 63–79 (2024).
  8. Seyfried, T. N. et al. Ketogenic Metabolic Therapy, Without Chemo or Radiation, for the Long-Term Management of IDH1-Mutant Glioblastoma: An 80-Month Follow-Up Case Report. Front Nutr 8, 682243 (2021).

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