Amblyopie im Kindesalter: ein Risikofaktor für das spätere Leben
Schon seit einiger Zeit ist bekannt, dass es einen Zusammenhang zwischen der kindlichen Schwachsichtigkeit und einer späteren kardiometabolischen Dysfunktion gibt. Wie hoch ist das Risiko bei einer Amblyopie wirklich?
Kindliche Amblyopie und spätere kardiometabolische Erkrankungen
- Erwachsene, die als Kinder unter dieser Sehschwäche litten, haben ein erhöhtes Risiko an Bluthochdruck, metabolischem Syndrom und Adipositas zu erkranken.
- Auch die Wahrscheinlichkeit, einen Herzinfarkt zu erleiden steigt, wenn die Betroffenen in der Kindheit an einer Amblyopie erkrankt waren.
- Bei denjenigen, bei denen nur ein Auge betroffen war, zeigten sich auch morphologische Veränderungen am anderen Auge, was auf einen systemischen Krankheitsverlauf schließen lässt.
Amblyopie – ein Risikofaktor?
Bereits in früheren Studien wurde ein Zusammenhang zwischen der kindlichen Amblyopie und kardiometabolen Dysfunktionen im späteren Leben hergestellt. Dies ist nicht unwichtig, da die Amblyopie nach wie vor die häufigste Sehstörung im Kindesalter ist und somit möglicherweise viele Menschen von den Folgen betroffen sein könnten.
Eine großangelegte Studie (DOI.org/10.1016/j.eclinm.2024.102493) aus Großbritannien hat nun untersucht, ob Erwachsene, die in der Kindheit an der Augenerkrankung litten, tatsächlich ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre oder metabolische Erkrankungen haben.
Klarer Zusammenhang erkennbar
Die Ergebnisse waren eindeutig: Erwachsene, die als Kinder an einer Amblyopie litten, erkrankten tatsächlich häufiger an Bluthochdruck, Adipositas und dem metabolischen Syndrom. Wenig überraschend dürfte angesichts dieser Daten sein, dass in dieser Population auch das Herzinfarkt-Risiko und die damit verbundene Mortalität erhöht waren.
Kein lokal begrenztes Problem
Wie genau diese Zusammenhänge entstehen, ist nicht abschließend geklärt und könnte in der Zukunft ein Thema für weitere Forschung sein. Was jedoch offensichtlich scheint: die Amblyopie ist kein lokal begrenztes Problem, sondern vielmehr ein generalisierter Krankheitsprozess.
In Studien wurde nachgewiesen, dass bei Erkrankten, die eine einseitige Amblyopie hatten, auch das zweite nicht-betroffene Auge morphologische Veränderungen aufwies. Dies legt eine systemische Pathogenese nahe und könnte Ansatzpunkt für weitere Studien sein.
Nachsorge, um Spätfolgen zu verhindern
Ärztinnen und Ärzte sollten sich der möglichen späteren Implikationen einer Amblyopie bewusst sein. Eine entsprechende Nachsorge könnte das Mortalitätsrisiko senken. Kinder, die an der Augenerkrankung leiden, sollten entsprechend überwacht und die Familie über mögliche spätere Folgen aufgeklärt werden. Das Thema bietet weitere Ansatzpunkte für zukünftige Studien, da die Zusammenhänge aktuell nicht abschließend geklärt sind.
Wagner et al: Associations between unilateral amblyopia in childhood and cardiometabolic disorders in adult life: a cross-sectional and longitudinal analysis of the UK Biobank. The Lancet, March 2024. DOI: https://doi.org/10.1016/j.eclinm.2024.102493