Rheumatoide Arthritis: Rechtzeitige Facharztbetreuung verbessert die Prognose
Ein früher Zugang zur spezialisierten Versorgung bei rheumatoider Arthritis optimiert nachweislich die langfristigen Behandlungsergebnisse und reduziert die Krankheitsaktivität.
Warum der frühe Zugang zur Rheumatologie wichtig ist
- Er begünstigt eine rasche Diagnose und Therapieeinleitung bei rheumatoider Arthritis.
- Frühzeitig behandelte Personen wiesen bessere Werte für Krankheitsaktivität (DAS28-CRP) und Funktionsfähigkeit (HAQ-DI) auf.
- Eine Verzögerung beim Zugang zu spezialisierter Versorgung verdoppelte die Wahrscheinlichkeit, das „therapeutische Fenster“ für eine frühe Behandlung bei Rheuma zu verpassen.
Bei der Behandlung der rheumatoiden Arthritis (RA) sind eine frühzeitige Diagnose und der rasche Therapiebeginn mit krankheitsmodifizierenden Antirheumatika (DMARD) entscheidend. Denn die Einhaltung des sogenannten therapeutischen Fensters – einem Zeitraum von etwa drei bis sechs Monaten nach Symptombeginn – ist maßgeblich für gute langfristige Behandlungsergebnisse.
Diese Aspekte rund um die Therapie der RA wurden nun von einer brasilianischen Forschergruppe im Real-World-Setting an einem Kollektiv von 1.057 Personen untersucht. Besonderes Augenmerk galt dabei der Dauer bis zur Diagnosestellung und Therapieeinleitung und – besonders wichtig – den gesundheitlichen Folgen einer Verzögerung.
Rheumatologe oft nicht die erste Anlaufstelle
Trotz der bekannten Vorteile eines frühen Zugangs zur spezialisierten Versorgung beginnen viele Erkrankte ihre diagnostische Reise beim Hausarzt, wodurch es in einigen Fällen zu Verzögerungen kommt. Laut der Studie suchten rund 65 % der Betroffenen zunächst einen Allgemeinmediziner auf, während nur 19 % von Beginn an einen Rheumatologen konsultierten. Bei 29 % der Personen war der Rheumatologe sogar erst der dritte oder spätere Arzt, den sie aufsuchten.
In 81 % der Fälle wurde die Diagnose einer RA durch einen Rheumatologen gestellt, nur in 15 % der Fälle von einem Allgemeinmediziner. Dies verdeutlicht, dass die Differenzialdiagnose von Arthritis außerhalb der spezialisierten Versorgung in Brasilien häufig eine Herausforderung darstellt.
Oft 12 Monate bis zum Therapiestart
Die mediane Verzögerung zwischen Symptombeginn und Diagnose sowie dem Beginn der DMARD-Therapie betrug in der untersuchten Population jeweils 12 Monate. Weniger als ein Drittel der Probanden erhielten DMARDs innerhalb der ersten sechs Monate nach Symptombeginn, und nur 13 % innerhalb der ersten drei Monate.
Das 12-Monats-Intervall liegt im internationalen Vergleich hoch und deutet laut den Forschern möglicherweise auf Defizite im Zugang zum Gesundheitssystem sowie auf ein begrenztes Bewusstsein für die Krankheit hin.
Personen mit spätem Zugang zum Rheumatologen hatten ein mehr als doppelt so hohes Risiko, das therapeutische Fenster für eine frühe Behandlung zu verpassen. Besonders bedenklich: Dieser Umstand führte nachweislich zu schlechteren Langzeitergebnissen.
Langfristige Auswirkungen einer späten Diagnose und Therapie
Die Untersuchung der Krankheitsaktivität und der Funktionsfähigkeit der Betroffenen zeigte, dass Personen mit frühem Zugang zu einem Rheumatologen in beiden Kategorien bessere Ergebnisse erzielten. Beispielsweise war der DAS28-CRP-Wert, der die Krankheitsaktivität misst, bei früh behandelten Patienten im Durchschnitt um 0,25 Punkte niedriger, während der HAQ-DI-Wert, ein Maß für die Funktionsfähigkeit, um 0,196 Punkte besser ausfiel.
Optionen zur Verbesserung der Versorgung in Brasilien
Die Autoren der Studie heben hervor, wie wichtig es ist, den Zugang zur spezialisierten Versorgung zu verbessern. Mögliche Mittel wären Aufklärungskampagnen, die das Bewusstsein der frühen Symptomatik der RA in der Bevölkerung schärfen, sowie gezielte Schulungsprogramme für Hausärzte, um das Erkennen der Krankheit zu erleichtern. Zudem sollten Gesundheitssysteme so organisiert werden, dass eine zeitnahe Überweisung und ein früher Zugang zur spezialisierten Versorgung möglich sind.
Fazit: Zeit ist der Schlüssel zur besseren Versorgung – auch in Deutschland
Die Studie zeigt eindrucksvoll, dass ein früher Zugang zur Rheumatologie entscheidend ist, um Diagnose- und Behandlungsverzögerungen bei RA zu minimieren und langfristig bessere Therapieergebnisse zu erzielen.
Obwohl sich die Versorgungssysteme unterscheiden, werfen die Daten relevante Fragen für das deutsche Gesundheitswesen auf – insbesondere hinsichtlich Wartezeiten auf Facharzttermine. Angesichts der aufgezeigten Nachteile einer verspäteten Facharztkonsultation sollte auch bei uns darauf geachtet werden, frühzeitigen Zugang zur spezialisierten Versorgung zu gewährleisten.
- Albuquerque CP, Reis APMG, Vargas Santos AB, Bértolo MB, Júnior PL, Neubarth Giorgi RD, Radominski SC, Guimarães MFBR, Bonfiglioli KR, L Cunha Sauma MF, Pereira IA, Brenol CV, Henrique Mota LM, Santos-Neto L, Castelar Pinheiro GR. Do it fast! Early access to specialized care improved long-term outcomes in rheumatoid arthritis: data from the REAL multicenter observational study. Adv Rheumatol. 2023 Apr 24;63(1):17. doi: 10.1186/s42358-023-00301-7. PMID: 37095556.