Social Media bieten heutzutage einfache und direkte Möglichkeiten, mit Menschen, z. B. zu medizinischen Fragen zu interagieren. Doch nur ein geringer Teil dieser Informationen ist überhaupt auf seine Richtigkeit überprüft worden. Zudem tummeln sich im weltweiten Internet Beiträge und Foren, die sich eher kommerziellen Interessen oder gezielter Falschinformation, denn sachlicher Information verpflichtet sehen. Die Urologie bildet dabei leider keine Ausnahme – Ist es also für UrologInnen längst an der Zeit, mit Fakten online dagegen zu halten?
Social Media sind Applikationen, die in erster Linie dazu dienen, Inhalte zu verbreiten und sich gleichzeitig mit anderen Menschen zu vernetzen. Noch 2019 nutzten beispielsweise in den USA etwa 72% der erwachsenen Bevölkerung mehr als einen Kanal, wobei Youtube und Facebook hier die Nase vorn hatten.
In den vergangenen Jahren haben auch immer mehr medizinische Fachgesellschaften sowie Einzelpraxen Inhalte fürs Netz produziert – ja, auch bei den deutschen UrologInnen boomen Social Media derzeit. Aber auch Laien äußern sich völlig frei zu diesen Themen, sei es durch eigenen Beiträge oder auch in Reaktion auf besonders erfolgreiche Artikel und Statements. Ob solche Beiträge allerdings Fakten oder doch zu häufig Fake News sind, wurde bisher noch nie systematisch untersucht. Ein aktueller Review wollte dies nun ändern.
Dazu untersuchten die ForscherInnen Aussagen in anderen Arbeiten und schauten sich u. a. die 50 meistzitierten Beiträge zu urologischen Fragestellungen auf Facebook, Twitter, Reddit und Pinterest an. Das Ergebnis: 70% der Artikel zum Prostatakarzinom waren falsch, ebenso wie 30% der Nierenbeiträge und 10% zum PSA-Test. Doch das ist allein noch nicht das Schlimmste, denn, falsche Artikel wurden in der Regel sogar um das 28-fache häufiger geteilt als fachlich richige Beiträge.
Ähnliches zeigte sich ebenso für Videoinhalte, z. B. zum Prostatakarzinom auf Youtube. Bis zu 77% der dort begutachteten Videos waren faslch oder in irgendeiner Weise mit einem Bias belastet. Zudem galt hierbei: Je schlechter ein Video inhaltlich abschnitt, desto beliebter war es und wurde es am Ende geteilt.
Ähnliches findet sich analog bei Videos zu Nierensteinen. Auch dort fällt auf, dass nur circa die Hälfte der Filme überhaupt adäquat nutzbar sind, um sich über das Thema zu informieren. Stattdessen werden in vielen der irreführenden Videos in erster Linie vermeintlich wirksame Kräutertinkturen und anderes beworben.
Besonders weit verbreitet sind Falschinformationen und irreführende Aussagen jedoch vor allem im Spannungsfeld der "sexuellen Leistungsfähigkeit und Manneskraft". Dabei trifft ein hoher Leidensdruck auf vermeintlich "heilsversprechende" Erklärvideos und Texte, wobei es in erster Linie darum geht, mit der Sorge der Männer um ihre Sexualität und dem Wunsch nach Vaterschaft zu überteuerten Angeboten weiterzuleiten.
Ebensowenig nützt eine allzu positive Berichterstattung z. B. bei den Themen "unerfüllter Kinderwunsch" und "Therapien zur Steigerung der Fertilität". Hier werden leider zu oft unverhältnismäßige Erfolgsraten propagiert, die die Erwartungshaltung betroffener Menschen stark überhöhen und letztlich das persönliche Dilemma noch weiter forcieren können.
Originalquelle:
Loeb S et al., Eur Urol Focus 2020; 6(3): 437–439