3D-Druck: Implantate mit Wirkstoffdepot

An einer Methode und den Materialien für die Herstellung von 3D-gedruckten Implantaten, die Wirkstoffe gleichmäßig über einen langen Zeitraum abgeben, wird derzeit an der TH Köln und der Universität Koblenz-Landau gearbeitet.

Effizenter und nebenwirkungsärmer durch individuelle Abstimmung

An einer Methode und den Materialien für die Herstellung von 3D-gedruckten Implantaten, die Wirkstoffe gleichmäßig über einen langen Zeitraum abgeben, wird an der TH Köln und der Universität Koblenz-Landau gearbeitet.

Die Forschungsarbeit besteht aus zwei Teilbereichen: Der Optimierung eines neuen Druckverfahrens und der Entwicklung eines Polymerharzes, das unter Laserbestrahlung aushärtet. Für Mi Steinbach, die im Rahmen ihrer Promotion an einer solchen Technik arbeitet, ist vor allem wichtig, die sich das Freisetzen eines Wirkstoffs über einen definierten Zeitraum exakt steuern lässt.

Zum Einsatz könnte das Verfahren bei der Entwicklung von Implantaten kommen, die unter die Haut appliziert werden. Dann diffundiert der Wirkstoff kontrolliert aus der Polymermatrix in den Blutkreislauf. Damit kann die Bioverfügbarkeit gesteuert werden, also wieviel Wirkstoff wie schnell an den Wirkort gelangt. Das eigentliche Präparat ist im menschlichen Körper nicht löslich und wird wieder entfernt. Denkbar ist etwa der Einsatz bei Menschen, die Schwierigkeiten haben, eigenständig regelmäßig Medikamente zu sich zu nehmen.

Stereolithographie schont Wirkstoffe und erzeugt glatte Strukturen

Zur Herstellung von Implantaten wurde am Institut für Angewandte Optik und Elektronik der TH Köln eine klassische 3D-Druckmethode weiterentwickelt: die Stereolithographie. Dafür wird flüssiges Harz mit verschiedenen Polymeren verwendet, die medizinische Wirkstoffe und einen lichtempfindlichen Initiator enthalten. Bei der Bestrahlung mit Licht einer bestimmten Wellenlänge zerfällt der Initiator, die Polymerisation setzt ein und das Harz härtet aus. Bei der klassischen Stereolithographie wird das Harz an der Oberfläche ausgehärtet und die 3D-Objekte entstehen Stück für Stück im Schichtverfahren.

Weiterentwickelt zur Multi Laser Volume Stereolithography (MLVS), werden mit mehreren Laserstrahlen innerhalb des Harzgemischs dreidimensionale Strukturen erschaffen. Je nach Ansatz werden vier bis sechs Laserstrahlen verwendet, von denen jeder einzelne eine sehr geringe Intensität aufweist. "Die Einzelstrahlen dringen also in das Harz ein, ohne dieses auszuhärten. Im Harzvolumen treffen sich die Strahlen dann in einem Punkt und ihre Intensität überlagert sich, sodass die Polymerisation gestartet wird und das Harz aushärtet", erläutert Steinbach.

Im Gegensatz zum Fused Deposition Modeling, wo die Ausgangsstoffe geschmolzen und dann in Schichten gedruckt werden, entsteht bei Steinbachs Methode keine Hitze, die den Wirkstoffen im Harz schaden könnte. Dies vergrößert die Einsatzmöglichkeiten, da auch wärmeempfindliche Wirkstoffe verwendet werden können. Zudem fällt die aufwändige Nachbearbeitung weg, da anstelle von Schichten mit einem unebenen Übergang glatte Oberflächen gedruckt werden können.

Polymerharz mit Arzneistoff

Um die Drucktechnik im pharmazeutischen Bereich anwenden zu können, wird an der Fakultät für Angewandte Naturwissenschaften der TH Köln eine eigene Harzmischung entwickelt: "Grundlegend ist, dass im fertigen Implantat keine Inhaltsstoffe mehr enthalten sind, die für den Menschen toxisch werden könnten. Da die medizinischen Wirkstoffe von Anfang an dem Harz beigemischt sind, sollte zudem ausgeschlossen sein, dass diese mit den Polymeren reagieren", sagt Steinbach.

Die Bioverfügbarkeit kann sowohl über die Zusammensetzung des Harzes, aber auch über die Herstellungsparameter beim 3D-Druck gesteuert werden. Je nach Länge der Polymerketten im Harz baut sich ein Polymernetzwerk mit engeren oder weiteren Maschen auf. Dies hat direkten Einfluss auf die Geschwindigkeit, mit der der Wirkstoff aus der Medikamentenform diffundiert. Zudem kommt es durch das Quellen der Polymere in Flüssigkeit zu zeitlich veränderten Freisetzungseigenschaften. Steinbach führt daher Langzeitmessungen der Wirkstofffreisetzung durch, um die unterschiedlichen Polymerharzmischungen zu charakterisieren.

Die Kinetik der Aushärtung und die sich einstellende Maschenweite des Polymernetzwerkes bestimmen nicht nur die Wirkstofffreisetzung, sondern auch die mechanische Stabilität der Materialien. Benötigt wird ein dreidimensional vernetztes Material, welches auch nach der Implantation in den Körper stabil ist. Zu diesen Fragestellungen führt Steinbach Untersuchungen an der Universität Koblenz-Landau unter der Leitung von Prof. Dr. Silke Rathgeber durch.

Quelle: 
1. Steinbach M, Gartz M (2018). Multi Laser Volume Stereolithography, a new Freeform Fabrication Method. RTejournal - Fachforum für Rapid Technologien, Vol. 2018. https://www.rtejournal.de/ausgabe-15-2018/4780
2. Steinbach M, Gartz M, Hirsch R (2020). Design and characterization of 3D printable photopolymer resin containing poly (2-hydroxyethyl methacrylate) for controlled drug release. Journal of Drug Delivery Science and Technology. https://doi.org/10.1016/j.jddst.2020.101850