ForscherInnen haben eine microRNA in adipösen Mäusen identifiziert, die ein mögliches Risiko für Leberkrebs noch über Generationen hinweg auf die Nachkommen dieser Mütter überträgt.
Wie ein kleines "infektiöses" Agens scheint eine bestimmte microRNA das Leberkrebsrisiko von einer adipösen Mutter auf deren Nachkommen und weitere Generationen zu übertragen – zumindest deuten dies Studiendaten eines Mausmodells an. Und auch für den Menschen haben diese Daten womöglich große Relevanz.
Weltweit sind mehr als ein Drittel aller Menschen heutzutage übergewichtig oder sogar fettleibig (adipös). In Deutschland und vielen Industrienationen ist es mittlerweile sogar jeder zweite. Die Fettleibigkeit ist zudem die Hauptursache für die nicht-alkoholische Fettleber sowie das Leberkarzinom.
Eine mögliche "Übertragbarkeit" des Leberkrebsrisikos von adipösen Patientinnen auf deren Kinder und Kindeskinder hätte in der Tat eine sehr große Bedeutung für die Kontrolle der aktuellen Adipositas-Epidemie.
In ihrem Mausmodel nutzten die ForscherInnen Diethylnitrosamin (DEN), um in adipösen Mäusen Leberkarzinome auszulösen. Die Mäuse wurden vorab mit einer hochkalorischen, fettreichen Diät ernährt. Über RNA-Sequenzierungen bei den Mäusemüttern und deren Nachkommen wollten die Forschenden herausfinden, welche Gene und microRNAs sich über Generationen verändert hatten.
Das herausragendste Ergebnis der Studie: Erhielten schwangere Mäuse eine Injektion mit "miR-27a-3p"-microRNA, so erhöhte sich bei den Nachkommen die Expression von miR-27a-3p in der Leber, während sich die Expression zweier Gene, Acsl1 und Aldh2, verringerte. Bekamen die derart "veränderten" Nachkommen eine DEN-Injektion, so entwickelten diese mit einer höheren Rate hepatozelluläre Karzinome (HCC).
Darüber hinaus zeigte sich, dass der microRNA-Effekt sich über Generationen fortsetzen und sogar steigern kann. So hatten beispielsweise Mäuse einer adipösen Mutter- und Großmuttergeneration eine deutlich höhere Krebsrate für das Leberzellkarzinom als solche mit einer adipösen Mutter aber normalgewichtigen Großmutter.
Die Studiendaten aus dem Mausmodell zeigen mögliche Zusammenhänge zwischen dem Ernährungsstatus von Müttern und deren Nachkommen und einem möglichen Leberzellkarzinom-Risiko auf. Daher, so die AutorInnen, sei es für die Praxis in Zukunft wichtig, sich mehr Gedanken zu Adipositas und Schwangerschaft zu machen und betroffene Frauen auch ernährungsmedizinisch zu begleiten.
Schon länger ist zudem bekannt, dass Stoffwechselkrankheiten und das Risiko für Übergewicht sich epigenetisch abbilden und auch nachfolgende Generationen darüber hinaus beeinflussen können.
Quelle: Sun Y et al., Multigenerational maternal obesity increases the incidence of HCC in offspring via miR-27a-3p. Journal of Hepatology 2020; 73(3): https://doi.org/10.1016/j.jhep.2020.03.050