Um die Verbreitung von Resistenzen zu minimieren und die Wirksamkeit und Verfügbarkeit von Antibiotika auch in Zukunft sicherzustellen, müssen Politik, pharmazeutische Industrie, Human- und Veterinärmedizin, aber auch PatientInnen gemeinsam einen Beitrag leisten. Doch noch immer herrschen Irrtümer und Missverständnisse vor.
Einer Forsa-Umfrage im Auftrag der DAK zufolge erwarten 72% der PatientInnen noch immer, dass ihr Arzt / Ihre Ärztin bei einer Erkältung ein Antibiotikum verschreibt, wenn die Beschwerden nicht von selbst besser werden. Und tatsächlich verschreiben viele ÄrztInnen bei Erkältungen nach wie vor zu häufig Antibiotika – und die sind in den meisten Fällen dort völlig fehl am Platz.
Denn Antibiotika wirken nur gegen Bakterien, nicht gegen Viren. Das heißt im Klartext, sie helfen weder bei Erkältungen, die in der Mehrzahl viral bedingt sind, noch bei grippalen Infekten oder Grippe – auch nicht, wenn diese hartnäckig sind. Manchmal wird eine Virusinfektion von einer bakteriellen Infektion begleitet – nur in solchen Fällen ist mitunter ein Antibiotikum nötig.
Vielen Menschen ist folgende Regel geläufig: Ein Antibiotikum sollte auch noch nach dem Verschwinden der Symptome und stets bis zum Ende der Packung eingenommen werden. Diese Regel ist zu stark vereinfacht und veraltet. Denn heute wissen Forscher: Bei vielen Infektionen reicht auch eine kurze Einnahmezeit aus, um die Erkrankung erfolgreich zu bekämpfen. Bei einer Harnwegsinfektion beispielsweise muss das Medikament mitunter nur einen Tag lang eingenommen werden. Eine kürzere Therapie hat zudem den Vorteil, dass weniger resistente Erreger entstehen.
DGI-Experten empfehlen daher heute: ÄrztInnen sollten idealerweise eine individuelle Einnahmedauer vorgeben, die gezielt auf die jeweilige Infektion und den zu erwartenden Verlauf abgestimmt ist. Sind die Symptome frühzeitig ausgeheilt, sollten PatientInnen den Arzt / die Ärztin kontaktieren und mit ihm / ihr das weitere Vorgehen besprechen. Für Antibiotika gilt somit, was für andere Medikamente auch gilt: Sie sollten so lange wie nötig, aber so kurz wie möglich eingenommen werden.
Tatsächlich sind resistente Bakterien nicht – wie oft angenommen – per se gefährlicher als nicht-resistente. So stehen beispielsweise zur Behandlung des resistenten Bakteriums MRSA (Methicillin-resistente Staphylococcus aureus) immer noch Antibiotika aus mindestens sechs unterschiedlichen Substanzklassen zur Verfügung. Für andere Bakterien, die nicht als resistent eingestuft sind, stehen weniger Antibiotika-Substanzklassen zu Verfügung.
Zudem werden hierzulande nach wie vor die allermeisten schweren Infektionen durch Erreger verursacht, die nicht als multiresistent gelten: Jedes Jahr erkranken in Deutschland etwa 30.000 Menschen an einer durch das Bakterium Staphylococcus aureus ausgelösten Blutstrominfektion – eine Infektion, die wegen ihrer hohen Sterblichkeitsrate gefürchtet ist. Weniger als zehn Prozent dieser Infektionen werden durch die multiresistente Variante von Staphylococcus aureus – also MRSA – ausgelöst. MRSA ist sogar auf dem Rückzug – doch die nicht-resistente Variante fordert nach wie vor jedes Jahr tausende Menschenleben.