Rheumapatienten haben ein um bis zu 70 Prozent erhöhtes Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden, ebenso haben sie häufiger Infektionen oder auch Depressionen. Auf dem 46. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) in Mannheim diskutieren Experten Herausforderungen und Chancen.
Rheumatische Erkrankungen sind in der Regel auf eine Fehlfunktion des Immunsystems zurückzuführen, bei der sich Immunzellen unkontrolliert gegen körpereigene Strukturen richten. "Diese systemische Entzündungsneigung ist aber nur die eine Seite der Erkrankung", sagt Professor Dr. med. Andreas Krause, Chefarzt der Klinik für Rheumatologie und klinische Immunologie am Immanuel Krankenhaus Berlin. "Oft führt die immunologische Fehlfunktion auch zu einer gestörten Infektabwehr." Menschen mit Rheuma ziehen sich daher häufiger als Gesunde Infektionen zu, die zudem einen schwereren Verlauf nehmen können.
Doch in der Therapie stehen sich diese beiden Aspekte des Rheumas im Weg. Besonders problematisch kann die Behandlung mit Kortisonpräparaten sein. Diese sollen daher so niedrig dosiert und so kurz wie möglich eingesetzt werden. Stattdessen kann die Entzündung mit gezielter wirkenden Biologika zurückgedrängt werden. Als wichtigsten Baustein der Infektionsprävention sieht Krause jedoch einen umfassenden Impfschutz.
Ein weiterer Aspekt, den Ärzte bei der Behandlung dieser Rheuma-Patienten im Auge behalten müssen, ist deren erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen – ausgelöst durch die chronische Entzündung, die einer Arteriosklerose Vorschub leistet. "Patienten mit klassischem Gelenkrheuma haben ein bis zu 70 Prozent erhöhtes Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden", sagt Krause. Zu allem Überfluss erhöhen auch einige Rheuma-Medikamente bei längerfristiger Einnahme das Herz-Kreislauf-Risiko. Dieser Faktor muss gerade bei Patienten mit kardiovaskulären Vorerkrankungen berücksichtigt werden.
Auch die Atemwege sind häufig in Mitleidenschaft gezogen. Entzündungen von Lunge und Bronchien können die Langzeitprognose der Erkrankung erheblich verschlechtern und zählen zu den häufigsten Todesursachen von Rheumapatienten. Hier sollte auf Rauchverzicht gedrungen und möglichst früh ein Pneumologe hinzugezogen werden. Nicht zuletzt ist auch die Psyche der Patienten von der Erkrankung betroffen. Auf Nachfrage berichten 20 bis 30 Prozent der Rheuma-Patienten von depressiven Symptomen, die nicht nur die Lebensqualität, sondern auch die Therapietreue beeinträchtigen können.
"Die Diagnose und Behandlung der vielfältigen Folge- und Nebenerkrankungen ist ein wichtiger Bestandteil der rheumatologischen Versorgung und bedarf einer fundierten internistischen Weiterbildung", ergänzt Professor Dr. med. Christoph Fiehn, Kongresspräsident der DGRh. Leider stehe für eine optimale Umsetzung weder ausreichend Personal noch eine gesicherte Vergütung zur Verfügung. Mit der Ausbildung rheumatologischer Fachassistenten, Patientenschulungen und dem Aufbau von Ärztenetzwerken habe man aber den richtigen Weg eingeschlagen, um die Versorgung von Rheuma-Patienten weiter zu verbessern.