Nachdem offenbar allen Beteuerungen der KV-Spitze zum Trotz nicht genügend Kassenärzte zur Erfüllung des Sicherstellungsauftrages bereitstehen, plant die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns jetzt auch Privatärzte zwangsweise zu rekrutieren. Der Bayerische Facharztverband (BFAV) warnt vor diesem "Schritt in die Staatsmedizin". Die wenigen Mediziner in der Regel im vorgerückten Alter und in den Ballungsräumen angesiedelt, könnten die Lücken auf dem flachen Land nicht füllen.
Mittels Satzungsregelungen der Bayerischen Landesärztekammer (BLÄK) sollen künftig in Privatpraxen niedergelassene Ärzte zum KV-Bereitschaftsdienst verpflichtet werden, so lautet unter Top 2.27 der brisante Auftrag des 77. Bayerischen Ärztetages, den Dr. Gerald Quitterer, Präsident der Bayerischen Landesärztekammer (BLÄK), mit dem Aufruf "Habe Mut, Dich Deines eigenen Verstandes zu bedienen" heute in Nürnberg eröffnete.
Die Realität der Tagung lässt aus Sicht des BFAV daran zweifeln. Für die BFAV-Vorsitzende und Internistin Dr. Ilka Enger ist die geplante „Zwangsrekrutierung von Privatärzten als letzter Notnagel ein klares Zeichen, dass die Bereitschaftsdienstreform gescheitert ist oder kurz vor ihrem Scheitern steht.“
Abgesehen von der rechtlichen Zulässigkeit dieses Eingriffes in die Freiberuflichkeit, stellt sich für BFAV-Sprecher, den Orthopäden Dr. Wolfgang Bärtl aus Neumarkt/Opf., die "Frage der Gerechtigkeit, nachdem offenbar Klinikärzte, insbesondere Chefärzte mit Privatambulanzen oder andere privat liquidierende Ärzte ohne 'eigene Praxis' hiervon nicht betroffen wären.“ Die Kammer entledige sich hier in fragwürdiger Weise der Aufgabe der Organisation des Bereitschaftsdienstes an die KV, in dem diese den Privatärzten das SGB V überstülpe, kritisiert Enger dieses Verfahren.
Das Vorgehen sei angesichts der in unterer vierstelliger Zahl geschätzten, niedergelassenen Privatärzte, deren Praxen hauptsächlich in den Großstädten angesiedelt sind, nicht zur Problemlösung fehlender Bereitschaftsdienstärzte in strukturschwachen Räumen geeignet. "Anderseits stellt die Zwangsrekrutierung einen kaum umkehrbaren strategischen Schritt in Richtung Staatsmedizin dar, der politisch veranlasste Folgereaktionen bei weiteren Mangelsituationen geradezu herausfordert", warnt Bärtl.
Quelle: BFAV