Sie tragen weiße Kittel, haben eine rote Nase und manche können sogar zaubern: Clowns besuchen Kinder in Krankenhäusern, um sie aufzuheitern und vom langweiligen Alltag abzulenken.
Emma quietscht vor Vergnügen. Mit einem breiten Grinsen sitzt sie auf ihrem Krankenhausbett und hält ihre Hand ganz sanft auf eine kleine Dose gedrückt. "Kinder wie Du verfügen über magische Fähigkeiten", meint Doktor König. Und zaubert zusammen mit seiner Partnerin Doktor Krümmel für die Elfjährige eine kleine gelbe Ente hervor. "Quak quak", macht Emma selig. Ihre Diabetes-Erkrankung, die sie hierher geführt hat, ist für einen Moment vergessen.
Sie heißen Doktor Krümmel oder Doktor König, Johannis Kraut oder Pille-Palle - seit 25 Jahren gehören die ClowndoktorInnen auf der Kinderstation der Wiesbadener Horst-Schmidt-Klinik zum Krankenhausalltag wie die Schwestern und ÄrztInnen. Das Rezept, Kindern mit Musik, Pantomime und ganz viel Improvisation Freude ans Krankenbett zu bringen, geht auf. 16 Vereine nach dem hessischen Vorbild gibt es mittlerweile deutschlandweit, die im Dachverband der Klinikclowns organisiert sind. Allein in Kliniken der Rhein-Main-Region machen die hiesigen 33 Clowns nach Angaben des Vereins "Die Clowndoktoren" gut 60.000 Kinderbesuche im Jahr. Alle sind professionelle darstellende KünstlerInnen, viele haben eine klassische Clownsausbildung.
"Sie müssen sogar ein Casting überstehen", erklärt Vereinsgeschäftsführer Rainer Bormuth. Dabei gehe es viel um Improvisation im Team. Nach einem halben Jahr Ausbildung dürfen die Clowns dann immer zu zweit Kindern ein Lächeln ins Gesicht zaubern. "Zu zweit können sie einfach mehr bewirken", sagt Bormuth. Einmal pro Jahr steht eine Hygiene-Schulung auf dem Programm, außerdem gibt es Vorträge, zum Beispiel zur Medikation von Kindern und was diese bewirken kann.
Für Emma stellt Ruth Albertin, genannt Doktor Krümmel, noch ein Lachrezept aus. Von jetzt an darf und soll sie nur noch quaken wie eine Ente. "Ich war noch nie im Zirkus", meint Emma. Aber die ungewöhnlichen Clowns mag sie. Noch Minuten nach deren Besuch trägt die junge Patientin stolz die rote Clownsnase im Gesicht.
Felix dagegen ist etwas skeptischer. Ruhig schaut sich der Zehnjährige an, wie Doktor Krümmel und Doktor König Seifenblasen in die Luft pusten und pantomimisch seinen Vater damit bombardieren. Natürlich mit viel Lärm, Quatsch und Getöse. Die rote Nase will aber auch Felix am Ende aufsetzen.
Vor allem kleine Kinder seien im Krankenhausalltag überfordert, weiß Albertin, die auch künstlerische Leiterin der Klinik-Clowns ist. Einige hätten Angst, weil sie zum Beispiel im Zirkus grenzüberschreitende Clowns erlebt hätten. "Da versuchen wir mit Distanz ranzugehen", sagt die Frau mit den bunten Strähnen und der große roten Schleife im Haar. Meist seien sie dann eher leiser, so lege sich auch die Angst.
"Die Ernsthaftigkeit der Situation im Krankenhaus wird von den Clowns gar nicht in Frage gestellt", erläutert Markus Knuf, Direktor der Kinderklinik. "Aber die Clowns bringen Leichtigkeit in den Klinikalltag, ohne dabei beliebig zu sein oder die Grundsituation zu vergessen." Die positive Grundhaltung der kleinen PatientInnen ziehe auch einen besseren Krankheitsverlauf nach sich.
"Langzeitstudien über die Wirkung von Clowndoktoren gibt es meines Wissens bisher nicht", sagt Sarah Auerbach. Sie hat 2016 an der Universität Zürich ihre Doktorarbeit über Klinik-Clowns abgeschlossen. Dabei hat sie festgestellt, dass die positive Wirkung der ungewöhnlichen Visite bei Erwachsenen nicht nur mit Humor und Lachen zusammenhängt. Es geht auch um die Wertschätzung und die persönliche Verbindung, die dabei entsteht.
Die Clowns helfen aber auch den Klinik-Angestellten. Bevor sie die Kinderstation besuchen, stimmen sich die beiden Ärzte der etwas anderen Art eng mit dem Personal ab. Wer kommt für eine Clownsvisite in Frage, wer ist zu müde? Wer hat eine Infektion? "Es ist toll, dass es die Clowns gibt", sagt die Medizinische Fachangestellte Aysun. Sie seien für die oft gestressten Eltern ebenso wichtig. Aysun selbst genießt die Übergabe mit den beiden Künstlern sichtlich, lässt sich gerne einen Aufkleber auf die Stirn pressen. "Die verteilen wir wie Fleißbildchen", erklärt Doktor König alias Christian Heinrich.
Heinrich ist schon seit gut 20 Jahren ein Clowndoktor. "Das Krankenhaus ist keine Bühne", sagt der Mann mit der goldenen Krone, den roten Wangen und der obligatorischen roten Nase. "Für mich ist immer die Frage, wie hole ich die Leute ins Spiel und entspanne sie." Als König bekomme man ziemlich schnell Kontakt. "Die Leute finden einen total doof", konstatiert er und lacht demonstrativ. Anders als Zirkus-Clowns sind die Ärzte mit den roten Nasen ganz nah an den Menschen dran, hat auch die Psychologin Auerbach beobachtet. "Sie haben ein ganz feines Gespür für die Stimmung und die Atmosphäre."