Viele Obdachlose leiden ohnehin unter einer geschwächten Gesundheit. Bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt sollte niemand auf der Straße schlafen, warnt der Mainzer Kardiologe Thomas Münzel.
Wer einen Menschen bei Minusgraden auf der Straße schlafen sieht, solle umgehend den Notarzt rufen - diese Empfehlung gibt der Kardiologe Thomas Münzel. Eine Übernachtung im Freien bei Frost könne schnell lebensbedrohlich werden, sagte der Professor für Kardiologie an der Mainzer Uniklinik. Dann sei "die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie die Nacht nicht überleben werden". Obdachlose seien aufgrund vielfacher Vorerkrankungen eine "extrem gefährdete Gruppe". Insbesondere herzschwache Menschen sollten unter keinen Umständen draußen schlafen, da die Kälte bestehende gesundheitliche Probleme verstärke.
"Die Kälte auszuhalten und keinen Rückzugsort zu haben, das ist schlimm für die Leute", sagte Tanja Scherer von der Evangelischen Wohnungslosenhilfe in Mainz. Viele Obdachlose suchten nachts Schutz in Bahnhofsgebäuden, öffentlich zugänglichen Foyers oder in Parkhäusern.
In Mainz ist die Wohnungslosenhilfe eine von mehreren möglichen Anlaufstellen für Obdachlose. Hier gibt es in den Wintermonaten zusätzlich 24 Notschlafplätze in sechs Containern, die von der Stadt jedes Jahr als "Erfrierungsschutz" aufgestellt werden. Doch die Plätze sind schnell vergriffen. Alle Betten seien über den gesamten Zeitraum von Dezember bis März belegt, sagte Scherer.
Zu Beginn dieser Woche wurde noch ein weiterer Container aufgebaut. Nur wer Anspruch auf Sozialhilfeleistungen hat, kann das Container-Angebot kostenlos nutzen - außen vor bleiben Menschen aus osteuropäischen Ländern wie Rumänien, Bulgarien oder Ungarn, die als EU-Bürger frei einreisen können, dann aber selbst für ihren Lebensunterhalt aufkommen müssen.
In Ludwigshafen gibt es seit diesem Winter neben den Angeboten der Hilfsorganisationen auch eine "Kältewohnung", in der Wohnsitzlose kostenfrei und ohne Anmeldung übernachten können. Das Angebot der Stadt sei bisher jedoch noch nicht genutzt worden, sagte eine Stadtsprecherin.
Auch in anderen Orten in Rheinland-Pfalz gibt es Tagesunterkünfte und Übernachtungsmöglichkeiten. Bei Bedarf könnten auch kurzfristig zusätzliche Unterbringungsmöglichkeiten geschaffen werden, heißt es in Mainz, Trier, Koblenz, Kaiserslautern und Ludwigshafen. In den ländlichen Regionen fehle eine solche Versorgung oft, sagte Scherer.
Bürgerinitiativen wie "Die Platte" in Mainz kümmern sich auch um die Versorgung mit Kleidung oder Essen. In Mainz und Koblenz versorgen auch Kältebusse Obdachlose mit Wärme und dem Nötigsten. Seit mehr als 25 Jahren ist Ralf Blümlein mit einem Kältebus im Kreis Mainz-Bingen unterwegs, um Menschen auf der Straße warme Getränke, Decken und Kleidung zu bringen. Auf die frostigen Nächte seien Obdachlose in seinem Bezirk gut vorbereitet: "Die aktuellen Temperaturen hauen uns nicht um."
Manche suchen auch Schutz in einem Zelt. "Darin lässt es sich mit zwei Wolldecken im Schlafsack ganz gut aushalten", erzählte der 58-jährige Paule.