Ein vegan ernährtes, 19 Monate altes Mädchen mit viel zu dünnen Knochen und ohne Zähne: Die Vegane Gesellschaft Deutschland wirft den in Australien verurteilten Eltern Unwissenheit vor.
Kein Fleisch, keine Eier, keine Kuhmilch: Ein Elternpaar, das seine kleine Tochter streng vegan ernährt hat, ist in Australien zu je 300 Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt worden. Das Mädchen hatte dem Urteil zufolge mit anderthalb Jahren den Entwicklungsstand eines normalen Kleinkinds im Alter von drei Monaten. Um eine Gefängnisstrafe kamen die 33-jährige Mutter und der 35-jährige Vater am Donnerstag in Sydney herum.
Die beiden hatten ihr Baby in den ersten 19 Monaten strikt ohne Lebensmittel ernährt, die von Tieren stammen. Das Mädchen bekam Obst, Haferflocken, Kartoffeln, Reis, Tofu, Brot, Erdnussbutter und Reismilch. Als kleinen Snack zwischendurch erhielt es Rosinen. Die Eltern verzichteten auch darauf, es impfen zu lassen. Mit anderthalb Jahren hatte es noch keine Zähne und wog nicht einmal fünf Kilogramm. Zudem litt es unter viel zu dünnen Knochen.
Der Fall wurde erst bekannt, als das kleine Mädchen mit Krämpfen ins Krankenhaus musste. Im Prozess hatten sich Mutter und Vater schuldig bekannt, das Kind vernachlässigt und in Gefahr gebracht zu haben. Als Höchststrafe wären fünf Jahre Haft möglich gewesen. Bei der Bekanntgabe des Urteils schluchzten beide. Das Kind - inzwischen drei - ist jetzt in der Obhut einer Tante. Die leiblichen Eltern dürfen es regelmäßig besuchen.
Der Vorsitzende der Veganen Gesellschaft Deutschland, Christian Vagedes, warf dem australischen Elternpaar Unwissenheit vor. "Reismilch ist definitiv die schlechteste Pflanzenmilch, die man einem Kind geben kann", sagte Vagedes. Daran sehe man, dass die Eltern nicht informiert waren.
Wer sein Kind vegan ernähre, müsse sehr genau darauf achten, dass die Nahrung alle wichtigen Nährstoffe enthalte. Muttermilch, oder ein adäquater Ersatz mit entsprechend viel Vitamin B12, sei unerlässlich. Sonst schade man der Gesundheit des Kindes. Das werde dann mit Recht kritisch gesehen und wie im Fall der australischen Eltern bestraft, sagte der Veganer-Vertreter Vagedes.
Die australische Richterin Sarah Huggett sagte, die Ernährung des Kindes sei "völlig unangemessen" gewesen. "Es liegt in der Verantwortung aller Eltern dafür zu sorgen, dass die Ernährung ihrer Kinder ausgewogen ist und ausreichend Nährstoffe enthält, um richtig zu wachsen." Inzwischen hat sich das Kind erholt. Es legte auch stark an Gewicht zu. Die Pflegemutter sagte im Prozess: "Es ist, als ob ihr Körper Kalorien speichert - für den Fall, dass sie sie in Zukunft noch einmal braucht."
Die Ernährungswissenschaftlerin Antje Gahl von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung betonte, dass Säuglinge einen sehr hohen Nährstoffbedarf haben. Deshalb sollten sie Muttermilch oder entsprechende Säuglingsnahrung erhalten.
Grundsätzlich sei vegetarische und vegane Ernährung von Kindern aber gut möglich, meinte Vagedes. "Es gibt ja auch vegetarische Tiere, die riesengroß werden - Nashörner zum Beispiel. Daran sieht man, dass das mit Muttermilch super funktioniert." Der Veganer-Vorsitzende beklagte, dass der aktuelle Fall aus Australien dazu missbraucht werde, um gegen vegane Ernährung insgesamt vorzugehen.