HIV-negative Männer, die Sex mit Männern haben (MSM) und die PrEP nutzen, haben signifikant häufiger andere Geschlechtskrankheiten. Die PrEP steigert das Risiko für STI und stellt somit eine Indikation zum regelmäßigen Test dar.
Bereits seit drei Jahren ist die medikamentöse Präexpositionsprophylaxe (PrEP) zur Vermeidung einer HIV-Infektion bereits in Deutschland zugelassen. Obwohl der Gebrauch von Kondomen als zusätzlicher Schutz neben der PrEP weiterhin empfohlen wird, gingen ExpertInnen bereits bei Einführung der PrEp davon aus, dass PrEP-User eher öfter auf das Kondom verzichten würden. Die PrEP als Risikofaktor für andere sexuell übertragbare Infektionen? Eine aktuelle Untersuchung lieferte hierzu nun erste Zahlen für Deutschland.
Im Umfeld der sogenannten "MSM-Screening-Studie" wurden zwischen Februar 2018 und Juli 2018 insgesamt 2.303 Männer, die Sex mit Männern haben (MSM) untersucht. Alle Männer in der Studie erhielten in den jeweiligen Studienzentren ein routinemäßiges STI-Screening auf Chlamydia trachomatis, Mycoplasma genitalium, Neisseria gonorrhoeae und Trichomonas vaginalis.
Die Hälfte der Probanden im Alter zwischen 18 und 71 Jahren war HIV-positiv. Aussagen zum Sexualverhalten wurden bei Konsultation im Studienzentrum ebenfalls von allen abgefragt. Die Männer gehörten im Studienverlauf zu jeweils einer der folgenden drei Gruppen: HIV-positive MSM, HIV-negative MSM unter PrEP und HIV-negative MSM ohne PrEP.
Die Ergebnisse belegen schließlich im Wesentlichen die Annahmen der ExpertInnen seit Einführung der PrEP in Deutschland. So hatten die Probanden im Median innerhalb des vergangenen halben Jahres fünf Sexualpartner, wobei etwa ein Drittel der HIV-negativen MSM die PrEP nutzte. Rund 72% der Teilnehmer gaben zudem an, unter PrEP kondomlosen Analverkehr (a/p) praktiziert zu haben. Fast 43% hatten ChemSex und wendeten unterschiedliche "Partydrogen" an.
Mehr als drei Viertel der untersuchten Männer (78,9%) litten bereits schon einmal unter einer STI. Ein gutes Drittel (32,1%) der STI-positiven Probanden gab zudem an, STI-spezifische Symptome gespürt zu haben, bevor die Infektion schließlich im Rahmen dieser Studie entdeckt wurde.
Bei 30,1% der Studienteilnehmer fanden die ForscherInnen mindestens eine STI, bei 16,7% der STI-positiven Männer lagen Koinfektionen mit mehreren Erregern vor:
17% hatten Mycoplasmen;
9,9% Chlamydien;
bei 8,9% fanden sich Gonokokken.
In der Gesamtprävalenz von STI gab es hingegen keine signifikanten Unterschiede mit Blick auf den HIV-Status. Interessanterweise litten aber 40,2% der HIV-negativen MSM mit PrEP unter STI, während es bei den HIV-negativen MSM ohne PrEP nur 25% waren.
Die derzeit aktuellen Leitlinien empfehlen dreimonatlich einen Syphilis-Test und alle 3–6 Monate einen Test auf Chlamydien und Gonokokken. Darüber hinaus zeigte die vorliegende Studie sehr gut nachvollziehbar, dass auch die PrEP eine hinreichende Indikation für den STI-Test darstellt.
Der Notwendigkeit und Indikation für einen Test steht allerdings derzeit noch das Problem entgegen, dass die Krankenkassen die anfallenden Kosten für die STI-Diagnostik nur dann übernehmen, wenn Symptome auftreten oder ein begründeter Verdacht auf das Vorliegen einer STI besteht. Solange "vorsorgliche" STI-Screenings noch immer vielfach aus privater Tasche bezahlt werden müssen, wird sich sicher keine notwendige flächendeckende Testung etablieren lassen.
Quelle: Jansen K & Steffen G, STI in Zeiten von PrEP. Aktuelle Daten aus der MSM-Screening-Study. HIV&more 1/2019