Ein Forschungsteam deckte erstmals den Zusammenhang zwischen dem Filtern von Gewebsflüssigkeit in Zellen des Immunsystems und chronischen Entzündungen auf.
So wie Wale während ihres Fressvorgangs Unmengen an Wasser aufnehmen und dann ihre Nahrung herausfiltern, nehmen auch Makrophagen des Immunsystems große Mengen an Gewebsflüssigkeit auf, um diese anschließend in zellinneren Vakuolen filtern. Im Rahmen dieser Filtration muss es der Zelle gelingen, gewaltige Mengen an Wasser wieder abzugeben, den Inhalt der Vakuolen zu konzentrieren, zu verdauen und zu inspizieren, um so das Gewebe und ablaufende Vorgänge zu kontrollieren.
Ein Forschungsteam um Dr. Stefan Uderhardt am Universitätsklinikum Erlangen der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) konnte in Kooperation mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in den USA, Kanada und Großbritannien aufschlüsseln, welche biochemischen Vorgänge die Wasserbewegungen während der Filtration regulieren und so das Immunsystem im Gleichgewicht halten. Die Ergebnisse dieser Studie zeigen einen direkten Zusammenhang zwischen grundlegenden, zellbiologischen Vorgängen und der Entstehung von Entzündung.
Um unseren Körper effektiv schützen zu können, müssen Abwehrzellen, wie die Makrophagen, in dauerndem Austausch mit ihrer Umgebung stehen. Durch die kontinuierliche Aufnahme großer Mengen an Gewebsflüssigkeit und dem anschließenden Filtern dieser Flüssigkeit in zellinneren Vakuolen sind diese Zellen in der Lage, ihre Umgebung genauestens zu sondieren und bei Bedrohung schnell zu reagieren. Doch welche molekularen Mechanismen es den Abwehrzellen ermöglichen, ihren Flüssigkeitshaushalt während dieses Aufnahmevorgangs zu regulieren und damit die Filtrationsfunktion überhaupt möglich machen, war bisher nicht bekannt.
Durch einen kombinierten Ansatz aus modernster Mikroskopiertechnik und neuartiger intravitaler Bildgebung gelang es dem internationalen Forschungsteam, die beteiligten molekularen Vorgänge in isolierten Zellkulturen sowie in lebendem Gewebe zu beschreiben. "Wir konnten spezifische kanal-aktivierende Enzyme und Elektrolytkanäle in Immunzellen identifizieren, welche an Schlüsselpunkten dieses zelleigenen Verdauungsapparates die Auflösung der Vakuolen initiierten und für die Überwachungsfunktion der Gewebsmakrophagen verantwortlich sind", sagte Dr. Stefan Uderhardt, Arbeitsgruppenleiter in der Medizinischen Klinik 3 – Rheumatologie und Immunologie. Wenn diese Enzyme fehlen oder medikamentös blockiert werden, kann die Gewebsflüssigkeit nicht aus den Vakuolen entweichen, so dass die Zelle "verstopft“ und ihre Abwehrfunktion gestört ist.
Die Ergebnisse dieser Untersuchungen zeigten erstmalig einen direkten Zusammenhang zwischen grundlegenden zellbiologischen Vorgängen wie der Aufnahme und Verarbeitung von Gewebsflüssigkeit und chronischen Entzündungen. Es scheint, dass bei Krankheitszuständen wie Fettstoffwechselstörungen, Autoimmunerkrankungen und chronischen Entzündungen diese molekularen Mechanismen gestört sein könnten, sodass es zu einem erhöhten Risiko für die Entstehung entzündlicher Erkrankungen kommt.
In Zukunft werden die Forscherinnen und Forscher untersuchen, inwieweit Störungen dieser "Filteraktivität" tatsächlich an der Entstehung chronisch-entzündlicher, insbesondere rheumatologischer Erkrankungen, beteiligt sind. Langfristiges Ziel dabei ist, potenzielle Ansätze für innovative und zielgerichtete Therapiemöglichkeiten zur Prävention und Therapie von Entzündungen zu entwickeln.