Erwachsene sollten jeden Tag rund 1,5 Liter Wasser trinken. Sollte man einfach den Wasserhahn aufdrehen oder Sprudel kaufen? In Hannover geht das Kompetenzzentrum Mineral- und Heilwasser der Frage nach, wie Nährstoffe aus diesen Quellen im Körper aufgenommen werden.
Mineralwasser ist beliebt. Viele Menschen nehmen das Kistenschleppen aus dem Supermarkt in Kauf, obwohl Leitungswasser ohne Bedenken trinkbar ist. 175 Liter in Flaschen abgefülltes Wasser konsumierten die Deutschen im Jahr 2017 pro Kopf, im europäischen Vergleich lag nur Italien mit 188 Litern davor. Der Hitzesommer 2018 steigerte den Wasserdurst. Teilweise wurden Sonderschichten eingelegt, um die Nachfrage zu bedienen, berichtet der Verband Deutscher Mineralbrunnen (VDM), der die Interessen von bundesweit knapp 200 Betrieben vertritt.
Mit der Wirkung verschiedener Mineralwassertypen auf die Gesundheit beschäftigen sich Wissenschaftler in dem vor einem Jahr gegründeten Kompetenzzentrum Mineral- und Heilwasser (KMH) an der Leibniz Universität Hannover. Die Einrichtung am Institut für Lebenswissenschaft und Humanernährung wird vom VDM gefördert. Das Zentrum sei in seiner Zielsetzung bundesweit einmalig, sagt VDM-Geschäftsführer Udo Kremer. Vergleichbare Institute im Ausland seien ihm nicht bekannt.
"Wir arbeiten inhaltlich völlig unabhängig und ergebnisoffen", betont Projektleiterin Inga Schneider. "Das Thema Mineral- und Heilwasser wurde in Deutschland bisher wissenschaftlich kaum beachtet", sagt der verantwortliche Professor Andreas Hahn, der die Idee zur Gründung des Kompetenzzentrums hatte.
So entstanden bereits zwei Studien zur Bioverfügbarkeit von Calcium beziehungsweise Magnesium. "Beide Nährstoffe werden genauso gut durch Mineralwasser aufgenommen wie durch Milch oder Nahrungsergänzungsmittel", berichtet Schneider. Andere Stoffe im Wasser wie Sulfat oder Hydrogencarbonat behinderten ihre Aufnahme nicht. Für die Untersuchungen hatten insgesamt mehr als 40 Freiwillige in regelmäßigen Abständen nach dem Verzehr von drei Mineralwassertypen beziehungsweise Milch oder Vitaminpillen Blut- und Urinproben abgegeben.
Neben Schneider und Hahn arbeiten zwei wissenschaftliche Hilfskräfte sowie eine Doktorandin am KMH. In der Doktorarbeit wird hydrogencarbonatreiches Mineralwasser untersucht. 120 gesunde Männer und Frauen erhielten vier Wochen lang einen von vier verschiedenen Wassertypen. Nach ersten Ergebnissen gibt es laut Schneider positive Effekte auf den Säure-Basen-Haushalt. Demnach könnte hydrogencarbonatreiches Mineralwasser Nierensteinen vorbeugen. Auch der mögliche Einfluss auf die Knochen werde untersucht.
Aus Sicht von Verbraucherschützern empfiehlt sich Mineralwasser als kalorienfreies Getränk. "Darüber hinaus kann es zum Beispiel bei einer Laktoseintoleranz neben Gemüse wie Grünkohl oder Spinat als Calciumquelle sinnvoll sein", sagt Janina Willers, Referentin für Ernährung und Lebensmittel der Verbraucherzentrale Niedersachsen. Aus ökologischer Sicht und um Kosten zu sparen, sei Leitungswasser allerdings für den Großteil der Bevölkerung genauso gut geeignet.
Mineral- und Heilwasser entspringen unterirdischen Wasservorkommen. Sie sind Naturprodukte, deren Bestandteile nicht verändert werden dürfen. Die heimischen Brunnenbetriebe füllen jährlich insgesamt über 14 Milliarden Liter ab, inklusive Mineralwasser-Erfrischungsgetränken und Heilwasser. Heilwasser ist eine deutsche Besonderheit - seine vorbeugende, lindernde oder heilende Wirkung muss mit einem wissenschaftlichen Gutachten nachgewiesen werden. Mineralwasser ist als Lebensmittel eingestuft, Heilwasser muss als Arzneimittel zugelassen werden.