Genetisches Mysterium um MCD endlich gelüftet

Update aus der Epilepsieforschung: Bei kindlichen Epilepsie-Patienten mit fehlendem Therapieansprechen konnten Forschende mutierte Hirnzellen als Ursache ausmachen.

Epilepsie: eine der häufigsten kindlichen Hirnerkrankungen

Epilepsie tritt bei 4 % der Bevölkerung auf und gehört zu den häufigsten Hirnerkrankungen bei Kindern. Global betrachtet erhalten – Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation WHO zufolge – 5 Millionen Menschen pro Jahr die Diagnose Epilepsie. Am 12. Februar 2024 ist Europäischer Epilepsie-Tag.

Epilepsiechirurgie als aktuell einzige heilende Therapieoption bei MCD

Die moderne Medizin kann beim Großteil betroffenen Patienten ein Wiederauftreten epileptischer Anfälle verhindern. Bei etwa 20 % der Patienten jedoch liegt ein fehlendes Therapieansprechen vor. Umschriebene Hirnläsionen können eine Ursache für therapieresistente epileptische Anfälle sein.1,2

Ein fehlendes Therapieansprechen bei Epilepsie stellt ein großes Problem für die betroffenen Personen dar. Mittels Epilepsiechirurgie werden in diesen Fällen die Patches mit geschädigtem oder abnormalem Hirngewebe – diese sind auch bekannt als Fehlbildungen der kortikalen Entwicklung (MCD) – chirurgisch reseziert. Hierdurch kann eine Verbesserung der neurologischen Ergebnisse und eine Heilung der Anfälle erreicht werden.2

Deutschland arbeitet Hand in Hand mit USA zur Ermittlung genetischer Ursachen der MCD 

Die genetische Ursache für diese MCD war lange Zeit ein Mysterium gewesen. Forscher auf der ganzen Welt haben sich auf die Suche nach dem genetischen Hintergrund für die MCD gemacht. So auch hier in Deutschland. Prof. Dr. med. Ingmar Blümcke, Prof. Dr. med. Peter Nürnberg und Ph. D. Dr. med. Dennis Lal untersuchen seit 2019 in ihrem Forschungsprojekt "genetische Biomarker für häufige und seltene epileptogene Gehirnläsionen" die genetische Ursache von Epilepsien.

Spezifische Genveränderungen konnten zu Beginn ihres Forschungsprojektes bei lediglich einem Drittel der Patienten nachgewiesen werden. Das Forschungsteam legt in seinem Projekt besonderes Augenmerk auf einzelne Läsionstypen wie z. B. MCD oder auch niedriggradige Hirntumore. In Zusammenarbeit mit einem interdisziplinären Forschungsteam aus Erlangen, Köln und Cleveland (USA) erfolgt die genetische Analyse von epileptogenen Gehirnläsionen. Auf diese Weise möchte das Forschungsteam Kenntnisse sammeln zu Biomarkern für die Diagnostik und Therapie.2,3

Forschungsdurchbruch: 69 Gene für MCD entdeckt

Auch an der University of California San Diego School of Medicine und des Rady Children's Institute for Genomic Medicine wurde die letzten Jahrzehnte intensiv am genetischen Hintergrund der MCD geforscht. In Zusammenarbeit mit einem internationalen Konsortium von mehr als 20 Kinderkliniken gelang dem Forschungsteam nun endlich der Durchbruch. Dieser basierte auf früheren Forschungsarbeiten des Teams um Prof. Dr. med. Gleeson. Sie konnten zeigen, dass der genetischer Mosaizismus im mTOR-Signalweg ein entscheidender Faktor im Pathomechanismus der MCD ist.

Patienten mit MCD bleiben oft unerkannt. Durch die Organisation einer Biobank zur Aufbewahrung von Gewebe für die Hochdurchsatz-Mosaik-Analyse und die Entwicklung modernster Algorithmen für somatische Mosaike können MCD-Patienten nun rechtzeitig diagnostiziert werden. Das Besondere daran: Die Entdeckung der für die MCD verantwortliche Mutation ist nur in nur einem Prozent der Zellen möglich. Durch die Zusammenarbeit von Mensch und Künstlicher Intelligenz konnte dieses hochsensitive und hochspezifische Ziel erreicht werden. Insgesamt konnten rund 69 verschiedene Gene, die somatische Hirnmutationen tragen, vom Forschungsteam identifiziert werden.2

Welche Rolle spielen genetische Mutationen für die MCD?

Die Mutationen in den bei MCD vorkommenden Genen stören die Zellfunktionen auf unterschiedliche Weise. Hiervon können die Kalzium-Signalübertragung, die Genexpression und synaptische Funktionen betroffen sein. Als Resultat können epileptische Anfälle auftreten. Die Entdeckung des genetischen Hintergrunds bei MCD kann dabei helfen die Diagnosestellung zu verbessern und eines Tages die Entwicklung bestimmter innovativer Therapiekonzepte zu fördern.2

Referenzen:
  1. https://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/epilepsy
  2. University of California - San Diego. "Study identifies cause for mysterious cases of epilepsy in children." ScienceDaily. ScienceDaily, 12 January 2023. <www.sciencedaily.com/releases/2023/01/230112155835.htm>.
  3. https://gepris.dfg.de/gepris/projekt/418080568?context=projekt&task=showDetail&id=418080568&