Die Barmer-Krankenkasse hält die Impflücken in Rheinland-Pfalz für größer als bislang angenommen. Das Gesundheitsministerium zweifelt die Aussagefähigkeit der Daten an - appelliert aber auch an die Eltern, ihre Kinder impfen zu lassen.
Die Impflücken bei Kindern in Rheinland-Pfalz sind nach einer Analyse der Barmer-Krankenkasse größer als nach offiziellen Statistiken angenommen. Die angestrebte Quote von 95 Prozent werde in dem Bundesland bei keiner der 13 Erkrankungen erreicht, gegen die Kinder in den ersten beiden Lebensjahren nach den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission geimpft sein sollten, sagte die Landesgeschäftsführerin der Krankenkasse, Dunja Kleis, in Mainz. Diese Quote sei notwendig, um eine Krankheit auszurotten.
Die 13 Krankheiten sind: Masern, Wundstarrkrampf, Diphtherie, Mumps, Keuchhusten, Hib (Haemophilus influenzae Typ b), Hepatitis B, Kinderlähmung, Pneumokokken, Rotaviren, Meningokokken, Röteln und Windpocken. Befragungen zufolge ändere sich die Impfquote im Erwachsenenalter kaum noch.
"Die Impfquoten in Rheinland-Pfalz sind allerdings höher als im Rest der anderen Bundesländer", sagte Kleis. Und: "Wir sehen einen Trend der steigenden Impfakzeptanz und hoffen, dass wir den noch einmal beflügeln können."
Von den Versicherten der Techniker Krankenkasse sind knapp die Hälfte aller Zweijährigen gegen die 13 Erkrankungen vollständig geimpft, auch etwas mehr als im Bundesdurchschnitt, wie Sprecherin Cornelia Benzing sagte. Basis sind die Daten von mehr als 4.500 Kindern. Im bundesweiten Vergleich rangiert Rheinland-Pfalz damit im Mittelfeld.
Bei der besonders diskutierten Masernimpfung habe die Impfquote nach den offiziellen Daten der Schuleingangsuntersuchungen beim Robert Koch-Institut (RKI) für Rheinland-Pfalz bei 93,8 Prozent gelegen; bei der Barmer seien es nur 88,2 Prozent der Sechsjährigen, sagte Kleis. Den Unterschied erklärt sie so: Rund acht Prozent der Schulanfängerinnen und Schulanfänger beim RKI hätten keinen Impfausweis und seien daher nicht berücksichtigt worden.
Für die Barmer-Studie wurden in Rheinland-Pfalz die Daten von rund 3.000 Zweijährigen und etwa 2.500 Sechsjährigen ausgewertet. Zwar sind nach eigenen Angaben nur gut 13 Prozent der gesetzlich versicherten Rheinland-Pfälzer bei der Barmer. Kleis sprach dennoch von einem "sehr realistischen Bild, realistischer als in anderen Statistiken."
Eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums in Mainz sagte dagegen: "Mit den Barmer-Daten werden jedoch nur rund 11 Prozent der gesetzlich Versicherten in Deutschland abgebildet und es bleibt offen, wie repräsentativ dieses Versichertenklientel für Deutschland ist." Die Barmer hatte die bundesweiten Ergebnisse bereits am 8. August vorgestellt.
"Tritt das Masernschutzgesetz wie derzeit vorgesehen im März 2020 in Kraft, werden viele Rheinland-Pfälzer seine Auswirkungen zu sprüen bekommen", mahnte Kleis. 2017 sei jeder fünfte Zweijährige nicht vollständig gegen Masern geimpft gewesen. Mit dem neuen Bundesgesetz soll unter anderem eine Impfpflicht für Kinder und Mitarbeitende in Kindergärten, Schulen, Arztpraxen und Krankenhäusern eingeführt werden. Der Gesetzentwurf sehe auch vor, nicht geimpfte Kinder vom Kita-Besuch auszuschließen.
Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) sieht das anders: Zum Zeitpunkt der Schuleingangsuntersuchung seien die Impfquoten in Rheinland-Pfalz gut bis sehr gut und deutlich über dem Bundesdurchschnitt. "Wir sehen im Hinblick auf die Kinder keine Notwendigkeit einer Impfpflicht gegen Masern, stehen aber einer bundesweiten Regelung dennoch positiv gegenüber."