Wie wirksam eine frühe einmalige Behandlung gegen spezifische Ängste bei Kindern wirkt, möchte ein internationales Forschungsteam in einem neuen Projekt herausfinden. Zum Therapiekonzept gehört auch eine personalisierte App; sie unterstützt die Behandelten dabei, sich selbständig an die angstauslösenden Situationen heranzuwagen. Die Netherlands Organisation for Health Research and Development fördert das Vorhaben mit dem Titel "Early intervention and treatment prediction in childhood specific phobias: combining One-Session-Treatment with app-based technology".
Dr. Anke Klein, Psychologin an der Ruhr-Universität Bochum (RUB) und Universiteit Leiden, koordiniert das Vorhaben, an dem auch Prof. Dr. Silvia Schneider, Leiterin des RUB-Lehrstuhls für Klinische Kinder- und Jugendpsychologie, sowie weitere Partner aus den Niederlanden, aus Australien und den USA beteiligt sind. Das Kickoff-Treffen für das Projekt fand am 15. Juli 2019 in Bochum statt, wo sich international führende Kinder-Angstforscher zu einem Symposium versammelten.
An der Studie sollen 168 Kinder im Alter zwischen 6 und 13 Jahren teilnehmen, die in vier psychotherapeutischen Zentren in Deutschland und den Niederlanden behandelt werden. Die Behandlung besteht aus einem dreistündigen One-Session-Treatment, sowie einer vierwöchigen Übungsphase zu Hause. Die Kinder lernen in Anwesenheit ihrer Eltern, sich ihren Ängsten zu stellen. Die Hälfte der Behandelten erhält nach der ersten Sitzung eine personalisierte App, die zum Beispiel an das Geschlecht, Alter und die Art der Angst angepasst ist. Sie enthält unter anderem kurze Filmsequenzen von der Therapiesitzung, die es den Kindern ermöglicht, auf in der Sitzung erzielte Erfolge zurückzublicken und sich durch diese selbst zu ermutigen.
Vor und nach den Behandlungen erheben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, wie ausgeprägt die Angst ist, um die Effektivität der Intervention mit und ohne App vergleichen zu können.
"Unsere Studie ist der nächste Schritt, um eine kurze, günstige und effektive Therapie für Kinder zu entwickeln, die unter Ängsten leiden oder ein hohes Risiko haben, Ängste zu entwickeln", sagte Projektleiterin Anke Klein.
Schätzungsweise zehn Prozent aller Menschen leiden im Kindesalter an einer ausgeprägten Angst vor einem speziellen Objekt, zum Beispiel vor Dunkelheit oder vor bestimmten Tieren wie Spinnen oder Hunden. Die spezifische Phobie ist damit die häufigste psychische Störung bei Kindern; sie geht mit einem erhöhten Risiko für andere Störungen im Verlauf des Lebens einher, beispielsweise Panikattacken, generalisierte Angststörung oder Depression.
"Wir brauchen daher eine leicht zugängliche Intervention für Kinder, die nicht stigmatisieren darf und sowohl Eltern als auch Kindern bei der Selbstkontrolle hilft", sagte Silvia Schneider, Leiterin des Zentrums für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie. Das Bochumer Zentrum wird daher eine führende Rolle in Koordination und Rekrutierung übernehmen.