Die Geldforderungen, die Krankenkassen an bayerische Kliniken wegen fehlerhafter Abrechnungen richten, sind im vergangenen Jahr weiter drastisch gestiegen. Ein Ausweg aus dem immer heftigeren Streit ums Geld ist aber nicht in Sicht.
Um fehlerhaften Klinikrechnungen auf die Spur zu kommen, hat der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) im vergangenen Jahr deutlich mehr Unterlagen in Bayern geprüft. Im Auftrag der Krankenkassen kontrollierte der MDK mit 409.000 Rechnungen rund 12 Prozent mehr Fälle als 2017 und 26 Prozent mehr als 2016. "Das ist extrem viel", sagte der stellvertretende Geschäftsführer des MDK Bayern, Max Peter Waser, der Deutschen Presse-Agentur in München. Bei rund der Hälfte der geprüften Fälle seien Fehler gefunden worden. Da die Kassen fehlerhafte Rechnungen im Schnitt um 1.500 Euro kürzen, dürfte sich die Summe der Rückforderungen alleine im Freistaat auf 300 Millionen Euro belaufen.
Die Bayerische Krankenhausgesellschaft (BKG) wehrt sich aber gegen den Vorwurf, ihre Mitgliedsunternehmen würden bewusst falsche Rechnungen stellen. "Das Hauptproblem ist die absurde Komplexität des Systems", ärgert sich der BKG-Geschäftsführer Siegfried Hasenbein. Der sogenannte OPS-Katalog, in dem Vorschriften für Abläufe festgehalten sind, umfasse inzwischen mehr als 30.000 Posten, die zum Teil mit mehreren Dutzend Seiten an Erläuterungen versehen seien. Dieses Regelwerk sei "nicht mehr überschaubar und extrem interpretationsfähig und fehleranfällig", beklagte Hasenbein.
Der BKG-Geschäftsführer warf den Krankenkassen vor, sie täten alles, um möglichst viel Geld von den Kliniken zurückzuholen, weil sie auf diese Weise ihre Position im Wettbewerb um einen günstigen Beitragssatz verbessern können. Der stellvertretende Geschäftsführer des MDK Bayern, Max Peter Waser, sieht aber auch bei den Kliniken wirtschaftliche Interessen. Es gebe inzwischen zahlreiche Beratungsunternehmen, die Krankenhäusern anbieten, ihre Abrechnungen zu "optimieren", sagte Waser. Es herrsche ein Druck unter den Kliniken, auf möglichst hohe Erträge hin optimierte Rechnungen zu stellen: "Die Krankenhäuser sehen sich einem Wettbewerbssystem ausgesetzt, in dem sie versuchen, sich ökonomisch zu behaupten."
Damit die Zahl der Rechnungsprüfungen wieder sinkt, müssen nach Einschätzung der Krankenhausgesellschaft vor allem zwei Voraussetzungen erfüllt sein. "Die Misstrauenskultur gegenüber den Krankenhäusern muss ein Ende haben", forderte der BKG-Geschäftsführer Hasenbein. Außerdem müsse das Abrechnungssystem drastisch entbürokratisiert werden.
Ein übersichtlicheres Regelwerk für die Klinikabrechnungen wünscht sich auch Max Peter Waser vom MDK. Alleine in Bayern sind beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung mehr als 160 Mitarbeiter mit der Prüfung von Klinikrechnungen beschäftigt, rund die Hälfte davon sind Ärzte. Waser ist sicher, "dass man die durchaus auch an anderen Stellen sinnvoller einsetzen könnte".