Die Kündigung eines katholischen Chefarztes durch ein katholisches Krankenhaus wegen erneuter Heirat kann nach einem Urteil des EU-Gerichtshofs eine verbotene Diskriminierung darstellen. Die Luxemburger Richter betonten am Dienstag, dass das Verbot jeder Art von Diskriminierung wegen der Religion in der Europäischen Union zwingenden Charakter habe (Rechtssache C-68/17).
Der Chefarzt hatte nach der Scheidung von seiner ersten Frau erneut standesamtlich geheiratet. Weil die erste Ehe nicht annulliert wurde, ist die zweite nach Kirchenrecht ungültig. Die Klinik kündigte ihm mit der Begründung, er habe damit gegen Loyalitätspflichten laut Arbeitsvertrag verstoßen. Das Lebenszeugnis leitender Mitarbeiter müsse der katholischen Glaubens- und Sittenlehre entsprechen.
Der Rechtsstreit darüber läuft seit 2009. Es betrifft im Grundgesetz verbürgte Sonderrechte der Kirchen in Deutschland. Im konkreten Fall muss nun das Bundesarbeitsgericht in Erfurt auf der Grundlage des EuGH-Urteils entscheiden.
Die obersten EU-Richter befanden: "Die Anforderung an einen katholischen Chefarzt, den heiligen und unauflöslichen Charakter der Ehe nach dem Verständnis der katholischen Kirche zu beachten, erscheint nicht als wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung." Ähnliche Stellen seien zudem an Beschäftigte vergeben worden, die nicht katholischer Konfession und damit nicht derselben Anforderungen unterworfen seien. Das deutsche Gericht müsse nun prüfen, ob die Religion bei der ausgeübten Tätigkeit eine maßgebliche Anforderung sei.
Das Grundgesetz garantiert den Kichen in Deutschland ein Selbstbestimmungsrecht, das auch Auswirkungen auf ihre Rolle als Arbeitgeber hat. Dies betrifft über eine Millionen Menschen, darunter hauptberuflich Angestellte bei den öffentlich-rechtlich organisierten Religionsgemeinschaften, aber auch bei ihnen zugeordneten Einrichtungen wie der Diakonie oder der Caritas.