Kunstgelenke ermöglichen vielen Millionen Arthrosebetroffenen in Deutschland, sich schmerzfrei zu bewegen. Die Entscheidung zum künstlichen Kniegelenk will aber gut überlegt sein. Deshalb müssen Arzt und Patient vor einer Operation gemeinsam besprechen, welche Ergebnisse realistisch sind. Eine Patientenleitlinie, die von Betroffenen mitgestaltet wurde, beschreibt die Kriterien, die vor einem Gelenkersatz berücksichtigt werden sollten.
Wenn der Gelenkverschleiß in den Knien immer weiter voranschreitet, kann das für den Betroffenen unerträgliche Schmerzen bedeuten. Gewohnte Tätigkeiten wie Gehen, Einkaufen, Arbeiten oder Autofahren werden zur Qual – viele Betroffene sind im Alltag auf die Hilfe von Angehörigen angewiesen. Patienten stehen dann vor der schwierigen Frage: Kunstgelenk – ja oder nein? Eine Knieendoprothese kann die ersehnte Schmerzlinderung bringen. Obwohl der Gelenkersatz zu den erfolgreichsten Eingriffen in Orthopädie und Unfallchirurgie gehört, sind 10 bis 20 Prozent der Patienten unzufrieden mit dem Ergebnis. "Das liegt vor allem daran, dass sie sehr hohe Erwartungen an das Leben nach der OP stellen, die wir leider nicht immer erfüllen können", sagt Professor Dr. Dr. med. Werner E. Siebert, der dem DKOU 2018 als Kongresspräsident für die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie vorsteht. "Je nach Schweregrad der Arthrose und möglichen Begleiterkrankungen wird der Patient auch nach dem Gelenkersatz mit Einschränkungen leben müssen", so der Facharzt.
"Umso wichtiger ist es, dass Patienten bei der Entscheidung für oder gegen einen Gelenkersatz ein Mitspracherecht haben", betont Professor Dr. med. Erika Gromnica-Ihle von der Deutschen Rheuma-Liga. "Es ist bekannt, dass sich die Erwartungen an eine Operation von Ärzten und Patienten unterscheiden", sagt die Expertin. Deshalb wurden bei der Erstellung der neuen Leitlinie "Indikation Knieendoprothese" auch Patientenvertreter mit einbezogen. Die Leitlinie bietet wissenschaftlich gesicherte Empfehlungen, die den Patienten über die Kriterien für eine Gelenkoperation aufklären und bei der Entscheidung unterstützen sollen.
Die Leitlinie nennt vier Hauptkriterien, die für eine Knieendoprothese erfüllt sein sollen:
1. Der Schmerz besteht seit mindestens 3 bis 6 Monaten und tritt entweder dauerhaft oder mehrmals wöchentlich bei Belastung auf.
2. Die Schäden am Gelenk müssen auf dem Röntgenbild deutlich sichtbar sein.
3. Medikamente und nicht-medikamentöse Maßnahmen wie Bewegung und Krankengymnastik können über einen Zeitraum von 3 bis 6 Monaten den Schmerz nicht mehr ausreichend lindern.
4. Die Schmerzen schränken den Patienten im täglichen Leben so stark ein, dass er nicht mehr bereit ist, sich mit ihnen abzufinden.
Neben diesen Hauptkriterien können einige Nebenkriterien betrachtet werden, etwa wie weit der Patient ohne Pause gehen, stehen oder Treppen steigen kann, ob er seinen Beruf oder Tätigkeiten im Haushalt noch ausführen kann und inwieweit er dabei auf Hilfe von anderen angewiesen ist. "Wichtig ist, dass der Arzt den Patienten darüber aufklärt, mit welcher Wahrscheinlichkeit eine Operation in diesen Punkten Verbesserung bringt", sagt die Expertin. Berücksichtigt werden müssen auch Risiken, die Verlauf und Ergebnis der Operation verschlechtern können, etwa wenn der Patient gebrechlich ist oder Begleiterkrankungen hat. "Nur wenn alle diese Punkte bedacht werden, kann der Patient zu einer selbstbestimmten Entscheidung kommen", so die Expertin. Die Patientenleitlinie "Indikation Knieendoprothese" ist kostenlos im Internet verfügbar.
Quelle: DKOU