Leukämiediagnostik über KI-gesteuerte Klassifizierung

Erstmals zeigen Forschende des Helmholtz Zentrums München und des Klinikums der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU), dass Deep-Learning-Algorithmen bei der Klassifizierung von Blutproben von Patientinnen und Patienten mit akuter myeloischer Leukämie (AML) eine vergleichbare Leistung erbringen wie Fachleute.

Deep-Learning-Netzwerk mit fast 20.000 Einzelbildern

Erstmals zeigen Forschende des Helmholtz Zentrums München und des Klinikums der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU), dass Deep-Learning-Algorithmen bei der Klassifizierung von Blutproben von Patientinnen und Patienten mit akuter myeloischer Leukämie (AML) eine vergleichbare Leistung erbringen wie Fachleute. Die Proof-of-Concept-Studie des Teams ebnet den Weg für eine automatisierte, standardisierte und allgemein verfügbare Analyse von Proben in naher Zukunft. Das Paper wurde in Nature Machine Intelligence veröffentlicht.

Um einzelne Blutzellen effizienter auswerten zu können, entwickelte ein Team aus Forschenden des Helmholtz Zentrums München und des Klinikums der LMU ein neuronales Deep-Learning-Netzwerk. Dieses wurde mit fast 20.000 Einzelbildern trainiert, um Zellen selbstständig klassifizieren zu können. Das Forschungsteam rund um Leiter Dr. Carsten Marr und den Medizindoktoranden Dr. Christian Matek vom Institut für Computational Biology am Helmholtz Zentrum München sowie Prof. Dr. Karsten Spiekermann und Simone Schwarz von der Medizinischen Klinik und Poliklinik III des Klinikums der LMU nutzten dazu Bilder, die aus Blutausstrichen von 100 Patientinnen und Patienten mit der aggressiven Blutkrankheit AML und 100 Kontrollen extrahiert wurden. Diese neue, automatisierte Lösung wurde anschließend bewertet, indem ihre Genauigkeit mit der von zytologischen Expertinnen und Experten verglichen wurde. Das Ergebnis zeigte, dass das von künstlicher Intelligenz gesteuerte Verfahren diagnostisch relevante Blasten mindestens so gut identifiziert wie die menschlichen Fachleute.

Angewandte Forschung durch KI und Big Data

Deep-Learning-Algorithmen für die Bildverarbeitung benötigen zweierlei: eine geeignete neuronale Netzwerkarchitektur mit tausenden von Parametern, sowie eine ausreichend große Menge an Trainingsdaten. Bislang lag kein großer digitalisierter Datensatz von Blutzellen vor, obwohl diese Proben in Kliniken tagtäglich verwendet werden. Die Forschungsgruppe am Helmholtz Zentrum München hat nun den ersten großen Datensatz dieser Art zur Verfügung gestellt. Derzeit arbeiten Marr und sein Team eng mit der Medizinischen Klinik und Poliklinik III des Klinikums der LMU und einem der größten europäischen Leukämie-Labore, dem Münchner Leukämie-Labor (MLL), zusammen, um Hunderte von Blutausstrichen zu digitalisieren.

"Um unseren Lösungsansatz in der Praxis umzusetzen, muss die Digitalisierung von Blutausstrichen von Patienten zur Routine werden. Algorithmen müssen mit Proben aus verschiedenen Quellen trainiert werden, um die inhärente Heterogenität bei der Aufbereitung und Färbung der Proben zu lernen", erklärt Marr. "In unserer Publikation konnten wir beweisen, dass Deep-Learning-Algorithmen eine ähnliche Leistung erzielen können wie Zytologen. In einem nächsten Schritt werden wir untersuchen, wie gut andere Krankheitsbilder, beispielweise genetische Mutationen oder Translokationen, mit dieser neuen KI-gesteuerten Methode vorhergesagt werden können."

Quelle:
Matek, C. et al., 2019: Human-level recognition of blast cells in acute myeloid leukaemia with convolutional neural networks (https://www.nature.com/articles/s42256-019-0101-9). Nature Machine Intelligence, DOI: 10.1038/s42256-019-0101-9