mCRPC: Patient vor Osteoprotektion zum Zahnarzt schicken

Mit geschätzten Prävalenzen zwischen zwei und acht Prozent ist die Kiefernekrose keine seltene Nebenwirkung der Osteoprotektion mittels Bisphosphanaten. Doch sie ist erstens behandelbar und zweitens sogar vermeidbar.

Regelmäßige Kontrolle bei Tumorpatienten senkt Prävalenz von Kiefernekrose

Mit geschätzten Prävalenzen zwischen zwei und acht Prozent ist die Kiefernekrose keine seltene Nebenwirkung der Osteoprotektion mittels Bisphosphonaten. Doch sie ist erstens behandelbar und zweitens sogar vermeidbar.

Kieferosteonekrosen sind schwere Komplikationen der osteoprotektiven Therapie mithilfe von Bisphosphonaten sowie Denosumab bei Patienten mit metastasiertem kastrationsresistentem Prostatakarzinom (mCRPC). Eine Kiefernekrose ist definiert als ein länger als acht Wochen freiliegender Kieferknochen bei einem Patienten mit dokumentierter osteoprotektiver Medikation und keiner Bestrahlung im Kopf-Hals-Bereich. Warum aber ist meist ausschließlich der Kieferknochen davon betroffen?

Bisphosphonate, wie beispielsweise die Zoledronsäure, hemmen Osteoklasten und verhindern doch damit den Knochenabbau. Jedoch leidet jeder zweite PCa-Patient in Deutschland an Entzündungen des Zahnhalteapparates (Parodontitis) – dies deckt sich ebenso mit den Befunden in der prostatagesunden Bevölkerung. Diese chronischen Entzündungszustände führen schließlich zu einer Azidose im den Knochen umgebenden Milieu, was das effektive Remodelling des Knochens verhindert. Die Folge sind Nekrosen, die sich dann vornehmlich im Bereich des Kieferknochens manifestieren und als Kieferosteonekrosen in Erscheinung treten.

Teamplayer haben glücklichere Patienten

Für Urologen heißt das, sich schnellstmöglich einen aufgeschlossenen Zahnarzt oder Kieferchirurg zu suchen, mit dem gemeinsam zum Wohle des Patienten zusammengearbeitet werden kann. Tritt eine Kiefernekrose auf, ist die chirurgische Therapie noch immer das Mittel der Wahl. Zum einen sichert die chirurgische Intervention die Diagnose, zum anderen aber werden durch die vollständige Sanierung des Defektes (= Abtragen des gesamten nekrotischen Materials) weitere Entzündungen vermieden. Die Erfolgsrate dieses Vorgehens beträgt bis zu 90 Prozent.

Bisphosphonate zur Osteoprotektion werden in aller Regel über einen Zeitraum von > 12 Monaten gegeben und reichern sich zudem im Knochen an. Das Risiko für Kiefernekrosen sinkt andererseits mit jedem Monat ohne Bisphosphonatgabe langsam ab, was durchaus eine Rolle bei größeren anstehenden Zahnsanierungen spielen kann. Im Einzelfall ist es jedoch nach zahnärztlicher Sicht besser, solche Eingriffe vor dem Einleiten einer osteoprotektiven Therapie vorzunehmen, was wiederum eine frühe Kooperation zwischen behandelndem Urologen und Zahnarzt bei Patienten mit mCRPC voraussetzt.

Prophylaktisch ist eine regelmäßige zahnärztliche Kontrolle der Tumorpatienten ebenfalls sinnvoll. Eine kleine Studie aus München zeigte so kürzlich, dass die Prävalenz der Kiefernekrose trotz der allgemein sehr hohen Vorbelastung mit Parodontitis bei einem kontrollierten Patientenkollektiv auf etwa 2 Prozent gesenkt werde konnte. Im Vergleich dazu hatten entsprechende Patienten ohne regelmäßige zahnärztliche Prophylaxe eine mit 23 Prozent sehr hohe Prävalenz für Kiefernekrosen.

Osteoprotektion nicht im hormonsensitiven Stadium beginnen

Eine weitere Möglichkeit, das Risiko für Komplikationen unter Bisphosphonat-Therapie zu reduzieren, besteht darin, strikt den Empfehlungen der neuen S3-Leitlinie für das Prostatakarzinom (in der Konsultationsfassung vom Herbst 2017) zu folgen. In Empfehlung 6.50 heißt es dazu beispielsweise, dass "zur Prävention von Komplikationen bei Knochenmetastasen im Hormon-naiven Stadium Bisphosphonate nicht eingesetzt werden sollten". Für Denosumab kann aufgrund der fehlenden Studiendaten keine Aussage in diesem Zusammenhang gemacht werden.

Referenz:
Satellitensymposium SAT03 "Gezielte Osteoprotektion in der Prostatakarzinom-Therapie", DGU-Kongress, 20.09.2017, Messe Dresden.