Keine industriell gefertigte Pumpe kann auch nur annähernd das leisten, was unser Herz in einem Menschenleben vollbringt: Während dieser Zeit pumpt das Herz rund 250.000.000 Liter Blut durch den Körper. Fehlt bei terminaler Herzinsuffizienz ein geeignetes Spenderorgan, springen oft "mechanische Herzen" ein, doch eine Dauerlösung ist dies nicht, wie Prof. Dr. Jan Gummert im Interview erklärte. Gummert ist dabei nicht nur Herzchirurg, sondern ebenso Präsident der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie.
Aktuell leben in Deutschland ca. 1,8 Millionen Menschen mit einer Herzinsuffizienz. Die Herzinsuffizienz ist seit Längerem eine der häufigsten Diagnosen von PatientInnen, die einer stationären Krankenhausbehandlung bedürfen.
Die Behandlung jedes einzelnen Patienten / jeder Patientin ist immer abhängig vom Krankheitsverlauf. In diesem Kontext gibt es unterschiedliche Therapieoptionen, die entweder allein, wie zum Beispiel die Behandlung mit Medikamenten, oder aber in Kombination, wie z.B. die zusätzliche Implantation von Herzschrittmachern oder Defibrillatoren, zum Einsatz kommen. Schreitet die Herzinsuffizienz voran, und ist durch die zuvor genannten Maßnahmen nicht mehr ausreichend behandelbar, spricht man von einer Herzschwäche im Endstadium. Für diese Patienten ist die Herztransplantation weiterhin der Goldstandard.
Das ist leider richtig. Es gibt zu wenig Spenderherzen. Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland 318 Herzen transplantiert. Demgegenüber warten aktuell jedoch über 700 terminal herzinsuffiziente PatientInnen bundesweit auf ein geeignetes Spenderherz. Die Herzchirurgen beobachten den generellen Mangel an Spenderorganen mit großer Sorge, hoffen für die PatientInnen auf eine möglichst zeitnahe Änderung dieser Situation, und sprechen sich daher auch für die Widerspruchslösung aus, wie sie übrigens bereits in vielen europäischen Nachbarländern erfolgreich praktiziert wird. Nach heutigem Entwicklungsstand gibt es trotz vielfältiger Fortschritte und Innovationen keinen adäquaten Ersatz für das menschliche Herz. Für PatientInnen mit Herzinsuffizienz im Endstadium, für die kein Spenderherz zur Verfügung steht, oder solche, die aus bestimmten Gründen nicht für eine Transplantation in Frage kommen, sind mechanische Herzunterstützungssysteme die beste verfügbare Therapieoption.
Vereinfacht gesagt sind mechanische Herzunterstützungssysteme (Ventricular Assist Devices, VAD) komplexe Medizingeräte, die das Herz in seiner Pumpfunktion unterstützen oder diese sogar vollständig übernehmen. Man unterscheidet zwischen elektrisch angetriebenen und druckluftbetriebenen Herzunterstützungssystemen. Diese können entweder in den menschlichen Körper implantiert werden oder außerhalb des Patienten lokalisiert sein. In Abhängigkeit von der Erkrankung, wird individuell für jeden Patienten ein geeignetes System ausgesucht.
Am häufigsten werden derzeit elektrisch betriebene, kontinuierliche Pumpsysteme eingesetzt. Mit Strom angetriebene Herzunterstützungssysteme, mit Turbinenantrieben unterschiedlicher Bauart und Größe, werden im Brustkorb mit dem Herzen verbunden. Das patienteneigene Herz verbleibt dabei im Körper. Für die Energieversorgung und Steuerung dieser Pumpen ist eine Kabelleitung (Driveline) über die Haut nach außen notwendig, die zum Steuerungscomputer und zu den Akkus führt.
In Abhängigkeit von der zu unterstützenden Herzkammer wird ein sogenanntes linksventrikuläres (LVAD) oder rechtsventrikuläres (RVAD) Unterstützungssystem implantiert. Insbesondere Unterstützungssysteme der linken Herzkammer (LVAD) haben in den vergangenen Jahren zunehmend an Bedeutung in der Therapie der terminalen Herzinsuffizienz gewonnen. Die derzeit verfügbaren Kunstherzen (total artificial heart, TAH), die anstelle des menschlichen Herzens implantiert werden und dieses somit komplett ersetzen, sind weiterhin mit höheren Risiken und Einschränkungen der Lebensqualität verknüpft und werden daher in Deutschland nur in besonderen Ausnahmefällen implantiert.
Die Implantation von Herzunterstützungssystemen erfolgt heutzutage unter verschiedenen Zielsetzungen für die betroffenen PatientInnen. Daher können sie sowohl zur Überbrückung der Wartezeit bis zu einer Transplantation als auch als vorübergehende bzw. temporäre oder dauerhafte Unterstützung des Herzens eingesetzt werden. Unabhängig vom Kontext eröffnen Herzunterstützungssysteme bei akut oder chronisch herzinsuffizienten PatientInnen letztlich die einzige Möglichkeit, das Überleben zu sichern.
Die Lebensqualität der PatientInnen hat sich durch die relativ kleinen, nahezu geräuschlosen und leichten Medizingeräte im vergangenen Jahrzehnt deutlich verbessert. Der Patient kann sich daher in seiner häuslichen Umgebung nahezu frei bewegen, da die Batterien ohne Aufladung über einen Zeitraum von bis zu zwölf Stunden die notwendige Energie liefern. Selbstverständlich müssen bei den betroffenen PatientInnen regelmäßig Kontrollen durchgeführt werden. PatientInnen mit einem Herzunterstützungssystem werden nicht mehr als hochdringlich (high urgent) auf der Liste für eine Herztransplantationen geführt, sondern erhalten den Status „transplantierbar“. Dies führt in Deutschland zu einer nur 1%igen Chance pro Jahr, ein geeignetes Spenderherz transplantiert zu bekommen – de facto handelt es sich somit in Deutschland für die meisten LVAD-Patienten um eine Dauertherapie.
Im Zusammenhang mit Herzunterstützungssystemen können unterschiedliche Komplikationen auftreten. Beispielsweise kann es an der Ausleitungsstelle des Stromkabels (Driveline) über die Haut zu Infektionen kommen. Dabei besteht die Gefahr, dass sich Infektionen über das Blut ausbreiten und im schlimmsten Falle das Unterstützungssystem von der Infektion betroffen ist, oder es zu einer Sepsis kommt. Auch ein Schlaganfall stellt eine mögliche schwerwiegende Komplikation dar. Deshalb sind weitere technologische Verbesserungen und Innovationen der VAD dringend notwendig, um die Komplikationsraten noch weiter zu senken und die Lebensqualität der Patienten zu verbessern.
PatientInnen mit einem Herzunterstützungssystem müssen sich mindestens halbjährlich zur Kontrolle in der Klinik vorstellen und sollten im Umgang mit ihrem Herzunterstützungssystem bestens geschult sein. Ebenso ist es wichtig, die Familie und Angehörige mit einzubeziehen, damit diese die Herausforderungen mitmeistern können. Psychologische Hilfe muss zu jeder Zeit gewährleistet werden, da die Therapie mit einem LVAD emotional sehr belastend sein kann. Hier ist eine kompetente Hilfestellung zwingend notwendig.