Was auf den ersten Blick vielleicht etwas skurril anmutet, ist im Praxisalltag tatsächlich sinnvoll: Hochprozentiges in der Arzttasche kann u. a. dabei helfen, wichtige Beweise in der Auffindesituation von Verstorbenen oder sogar im Falle von Opfern eines Verbrechens zu sichern.
Insbesondere Maden sind wichtige Hilfsmittel der forensischen Medizin, erlauben sie doch eine exakte Bestimmung der Liegezeit von Verstorbenen. Damit diese Informationen jedoch fachmännisch ausgewertet werden können, müssen die Maden beim Auffinden abgesammelt und notwendigerweise umgehend konserviert werden. Am besten eignet sich dafür eine 70%-ige Alkohollösung, die jedoch außer beim Forensiker wohl eher nicht zur Grundausstattung von ÄrztInnen gehört.
Allerdings haben zwei forsensische MedizinerInnen nun eine sehr interessante Arbeit veröffentlicht, in der sie unterschiedliche Spirituosen auf deren Konservierungspotenzial untersuchten, die sich notfalls sogar vor Ort im Küchenschrank finden lassen. Darunter waren u. a. solch illustre Getränke wie beispielsweise Wodka oder Rum.
Ganz leitliniengerecht ist die Konservierung von Insekten und Maden mit Trinkalkohol selbstverständlich nicht, denn die aktuellen Leitlinien schreiben 70%-igen Alkohol vor. Auf solche Alkoholgehalte kommt allerdings keines der Getränke, so hat Wodka meist um die 38 Vol.-%, während Rum auch gern zwischen 40 und 42,5 Vol.-% rangiert. Halten die in solchen Spirituosen eingelegten Maden am Ende dem Vergleich mit der leitliniengerechten Konservierung in 70%-igem Alkohol überhaupt stand?
In der Tat sind handelsübliche Spirituosen in der Lage, Maden und Insekten von Verstorbenen ausreichend gut zu konservieren. Selbst nach bis zu drei Jahren waren die so gewonnenen Proben noch weiter auswertbar. Allerdings treten mit Trinkalkoholen schnell Verfärbungen der Maden auf oder es kommt zu Verkürzungen der Madenlänge durch Schrumpfungsprozesse. Da die Länge der Insekten jedoch wichtig ist, um die Liegezeit des Körpers zu eruieren, sollten vor allem hochprozentige Wodka- oder Rumsorten eingesetzt werden, bei denen die Veränderung des Probenmaterials geringer war. Etwa 50 Maden reichen aus und sollten gut mit Alkohol bedeckt werden, notfalls geben Sie diese direkt in die jeweilige Flasche, so die Forensik-Experten.
Dass die Konservierung von biologischem Material mit Spirituosen funktioniert, wussten allerdings bereits die Altvorderen. So legten beispielsweise englische Seeleute ihren bei der Schlacht von Trafalgar am 21. Oktober 1805 gefallenen Vizeadmiral Horatio Nelson in ein Rumfass, um dessen Körper auf der langen Rückreise nach England möglichst unversehrt zu bewahren.
Originalpublikation:
Niederegger S & Mall G, Asservierung forensisch relevanter Fliegenmaden in Schnaps; Rechtsmedizin 2019; DOI: https://doi.org/10.1007/s00194-019-00354-3