Mit KI gegen Karies

Ein interdisziplinäres Forschungsteam hat gemeinsam die Software dentalXrai Pro entwickelt, die ZahnärztInnen die KI-gestützte Analyse von Röntgenbildern ermöglicht.

Röntgenbilder vom Kiefer genauer und in kürzerer Zeit auswerten

ZahnmedizinerInnen der Charité – Universitätsmedizin Berlin entwickelten gemeinsam mit DatenwissenschaftlerInnen und Programmierenden die Software dentalXrai Pro, die ZahnärztInnen die KI-gestützte Analyse von Röntgenbildern ermöglicht. Seit 2017 arbeitete das Team an dem Ziel, ZahnärztInnen dabei zu unterstützen, Röntgenbilder vom Kiefer genauer und in kürzerer Zeit auszuwerten, um die optimale Therapie einzuleiten und die Patientenkommunikation zu verbessern. Der Digital Health Accelerator des Berlin Institute of Health (BIH) begleitete und finanzierte das Projekt von Prototypen- und Produktentwicklung bis hin zur Ausgründung des Start-ups dentalXrai GmbH.

Die Analyse von Röntgenbildern nimmt in der Zahnarztpraxis gewöhnlich viel Zeit in Anspruch und ist dennoch selten perfekt: Haben untersuchende ÄrztInnen wenig Zeit oder Erfahrung, wirkt sich das auf die Qualität der Diagnose und auf die daraus abgeleitete Therapie aus. Um das Problem zu lösen, setzen der Zahnmediziner Professor Falk Schwendicke und sein Mitgründer Dr. Joachim Krois auf Künstliche Intelligenz. Vor drei Jahren begannen sie mit einem inzwischen zehnköpfigen Team mit der Entwicklung von dentalXrai Pro. Die Software ermöglicht mithilfe von KI-Algorithmen die automatisierte Analyse von zahnmedizinischen Röntgenbildern. Karies, Infektionen oder Restaurationen wie z.B. Kronen, Implantate oder Wurzelfüllungen erkennt die Software zuverlässig und hebt die Befunde farblich hervor. Die automatisierte Befundung spart ZahnärztInnen damit Zeit.

"Die KI übernimmt dabei nicht die Verantwortung für die Zahnuntersuchung und entscheidet auch nicht über Therapien", betonte Schwendicke, Leiter der Abteilung Orale Diagnostik, Digitale Zahnheilkunde und Versorgungsforschung an der Charité. "Aber sie hebt die Zahnmedizin auf ein standardisiert hochwertiges Niveau und beschleunigt die Analyse von Röntgenbildern enorm, sodass ÄrztInnen die Zeit sinnvoller für das Gespräch mit den PatientInnen nutzen können."

Von digitalen Röntgenbildern zur automatisierten Diagnose

Die meisten Zahnarztpraxen nehmen ihre Röntgenbilder bereits digital auf. Diese lassen sich mit wenigen Klicks an dentalXrai Pro übergeben. Die browserbasierte Software greift auf Hochleistungsrechner und ein ganzes Ensemble von Algorithmen für verschiedene Befunde zurück und stellt innerhalb von wenigen Sekunden ein vorbefundetes Bild zur Verfügung. Diese Algorithmen sind das Ergebnis eines intensiven "Trainings" der Software. ZahnärztInnen renommierter Kliniken rund um den Globus markierten auf Röntgenbildern zehntausende pathologische Veränderungen und Spuren früherer Behandlungen im Gebiss. Damit "fütterten" Schwendicke und sein Team künstliche neuronale Netzwerke. Diese identifizieren statistische Muster in den Daten und können so auf Röntgenbildern in der Praxis zum Beispiel Karies, Infektionen und Wurzelfüllungen voneinander unterscheiden.

Bereits zweite Ausgründung des BIH Digital Health Accelerator

"Der Digital Health Accelerator hat dentalXrai von der Prototypenentwicklung bis hin zur Ausgründung unterstützt: mit Fördermitteln, Mentoring durch interdisziplinäre Experten, Unterstützung beim Teamaufbau, sowie dem kollaborativen Arbeitsumfeld im DHA Co-Working Space", sagte Thomas Gazlig, Direktor von BIH Innovations. "In dem Projekt sahen wir von Anfang an Potenzial und großen Nutzen für PatientInnen." Mit der Unternehmensgründung endet die BIH-Förderung, aber dentalXrai bleibt im Innovationsökosystem um die Charité und das BIH vernetzt. "Wir freuen uns sehr, dass wir mit dem Start-up erneut einen Translationserfolg durch eine Ausgründung begleiten konnten. Das sind die ersten Früchte aus drei Jahren harter Aufbauarbeit des Digital Labs-Teams. Wir sind gespannt auf die weitere Entwicklung, die bei einem wirtschaftlichen Erfolg auch Mittel für neue Entwicklungsprojekte aus BIH und Charité schaffen wird."

DentalXr.ai als digitale 'Zweitmeinung' in der Zahnarztpraxis

Momentan arbeiten MedizinerInnen, DatenwissenschaftlerInnen und SoftwareentwicklerInnen bei dentalXrai. In den nächsten Monaten soll sich das Team weiter vergrößern und diversifizieren. "Jetzt geht es um den Vertrieb", so Schwendicke: "Wir wollen unsere Netzwerke nutzen und Business Partner finden, die unsere Software in die Zahnarztpraxen bringen. Dort erleichtert sie nicht nur den ÄrztInnen ihre Arbeit. Sie hilft auch, die PatientInnen in die Diagnose einzubeziehen, und schafft Vertrauen durch die 'Zweitmeinung' eines digitalen Kollegen."