Es ist kein Ersatz, sondern hilft dem geschwächten eigenen Herzen, Blut in den Körper zu pumpen. Auch weil Spenderorgane fehlen, werden immer mehr Patienten mit Herzinsuffizienz mechanische Geräte eingesetzt - strombetrieben.
Ein Kunstherz hat Kurt-Josef M. vor fünf Jahren das Leben gerettet. "Vor der Operation lag meine Herzleistung bei 13 Prozent, ich hatte Ohnmachtsanfälle und konnte kaum noch fünf Schritte gehen", erzählte der 61-Jährige aus Hessen in der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Dann wurde ihm Ende Juni 2014 das zuvor nur in Tierversuchen getestete Kunstherz vom Typ HeartMate 3 eingesetzt - als weltweit erstem Patienten. Zwei Monate später habe er einen Waldlauf von fünf Kilometern gemacht. "Es war ein reiner Glücksfall für mich", betonte der Motorrad- und Oldtimerfan.
Weil Spenderorgane fehlen, gewinnen Kunstherzen an Bedeutung. "Wir haben einen eklatanten Organspendermangel", sagte der Leiter des MHH-Bereichs Herzunterstützungssysteme, Jan Schmitto. In Deutschland standen 2018 etwa 1.000 Menschen auf der Warteliste für eine Herztransplantation, aber es gab nur rund 300 Spenderherzen. Bundesweit werden auch aus diesem Grund mittlerweile rund 1.000 Kunstherzen verschiedener Hersteller pro Jahr implantiert.
Das HeartMate 3 wird in die linke Herzkammer eingesetzt und hilft, das Blut durch den Körper zu pumpen. Ein Kabel verbindet es mit Steuerelektronik und Batterien, die in einer Tasche außerhalb des Körpers getragen werden. "Man merkt schon, dass etwas Fremdes in einem ist", sagte der Patient. In den ersten Jahren habe die Psyche eine große Rolle gespielt - er lenkte sich mit seinen Hobbys ab. In den Wintermonaten fährt er mit seinem Wohnmobil durch Spanien und Portugal. Baden und Schwimmen sind allerdings wegen des Kabels tabu.
Der Deutschen Gesellschaft für Kardiotechnik zufolge gibt es Risiken bei Herzunterstützungssystemen. "Das Kabel kann eine Eintrittspforte für Bakterien sein", sagte Sprecher Johannes Gehron. Zudem müssten die Patienten dauerhaft Blutverdünner nehmen, da sich in den Geräten Blutgerinnsel bilden können. Dies bedeutet auch eine Gefahr von Blutungen.
Allerdings sind die Überlebenschancen Medizinern zufolge sehr hoch. Es gebe Patienten, die schon rund 13 Jahre mit einem künstlichen Herzen leben, sagte Schmitto. Dabei waren die Systeme ursprünglich dafür gedacht, lediglich die Zeit bis zu einer Transplantation zu überbrücken. Die Akkuleistungen haben sich stetig verbessert. Dem 61-jährigen MHH-Patienten zufolge halten seine Batterien 14 bis 20 Stunden und benötigen lediglich 3 bis 4 Stunden Ladezeit.
Im Gegensatz zum Vorgängermodell sei das HeartMate 3 kleiner und technisch versierter, sagte Schmitto. Es könne ein künstlicher Puls erzeugt werden, so dass das Thrombose-Risiko sinke. Viele Betroffene hoffen darauf, dass die Steuerungselektronik und die Akkus irgendwann bei einer nächsten Generation nicht mehr außerhalb des Körpers getragen werden müssen. Schmitto hält dies kurz- bis mittelfristig für möglich, weil derzeit intensiv an Batterien geforscht werde.