Auf der Straße, im Café und im Park - der Geruch eines Joints ist in Teilen Berlins nichts Außergewöhnliches. Auch Jugendliche scheint das Verbot nicht abzuschrecken. Würde sich durch die in Berlin gewünschte legale Abgabe an Erwachsene etwas ändern?
Jugendliche in Berlin greifen nach Einschätzung von SuchtexpertInnen besonders früh zum Joint - und auch danach bleibt Kiffen bei ihnen verbreiteter als im Bundesschnitt. Beim ersten Konsum der illegalen Droge sind sie im Schnitt 14,6 Jahre alt, wie aus einer am Donnerstag vorgestellten Untersuchung der Fachstelle für Suchtprävention hervorgeht. Gut ein Drittel der 1.725 anonym befragten 12- bis 18-Jährigen gab demnach an, schon einmal Cannabis probiert zu haben. Bundesweit liege das Einstiegsalter für Cannabis mit 16,4 Jahren deutlich höher, wie eine andere Studie ergab.
Den Daten zufolge bleibt es oftmals nicht beim Ausprobieren: Von den KonsumentInnen in Berlin kiffen 27 Prozent mindestens mehrmals pro Woche. Fast jeder zweite der bei Präventionskursen befragten SchülerInnen erfülle die Kriterien eines Suchtrisikos, sagte Fachstellenleiterin Kerstin Jüngling. Solche Merkmale seien etwa der Konsum am Morgen vor der Schule und Ärger mit anderen wegen des Kiffens. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung hatte im April bundesweit von steigenden Kiffer-Zahlen unter jungen Menschen zwischen 12 und 25 Jahren berichtet. Unter den 12- bis 17-Jährigen hat demnach jeder Zehnte schon mal gekifft.
Die Berliner Zahlen verdeutlichten, dass der Konsum unter Jugendlichen in der Hauptstadt "besorgniserregend normal" zu sein scheine, so die Fachstelle. Je früher Jugendliche Alkohol und Drogen konsumierten, desto größer sei das Risiko, später eine Suchterkrankung zu entwickeln. Ziel müsse es sein, das Einstiegsalter hinauszuzögern, betonte Jüngling. Sie begrüßte ein in Berlin geplantes Modellprojekt zur kontrollierten Abgabe von Cannabis an eine begrenzte Zahl von Erwachsenen.
Der entsprechende Antrag für das wissenschaftlich begleitete Projekt solle im September beim zuständigen Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eingereicht werden, sagte die Sprecherin für Gesundheits- und Drogenpolitik der Berliner Grünen-Fraktion, Catherina Pieroth. Vorgesehen sei, dass eine noch nicht näher benannte Zahl von StudienteilnehmerInnen an neutralen Abgabestellen Cannabis in bestimmter Zusammensetzung beziehen kann.
"Wir wollen mit so einem Modellprojekt erreichen, dass man dem Schwarzmarkt und der allgemeinen Verfügbarkeit von verschiedensten Substanzen ein Stück weit den Boden entzieht", sagte der Sprecher für Innen- und Drogenpolitik der Linken-Fraktion, Niklas Schrader. Ziel sei es, so auch den Jugendschutz zu verbessern. Wie viel Geld der Senat für das auf zwei Jahre angelegte Projekt einplant, sagten die PolitikerInnen nicht - insgesamt seien für das Projekt sowie für Prävention je 3,6 Millionen Euro pro Jahr im Entwurf für den Haushalt 2020/21 vorgesehen.
Der Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg hatte in den vergangenen Jahren versucht, ein Modellprojekt für den kontrollierten Verkauf von Cannabis durchzusetzen. Das BfArM lehnte den Antrag jedoch ab. Der Verkauf zu Genusszwecken sei unvereinbar mit dem Betäubungsmittelgesetz.
Motiv für den Konsum bei Jugendlichen sind nach Erfahrung der Fachstelle etwa Neugier, Spaß und ein Gemeinschaftsgefühl in der Clique. Die mit dem Kiffen verbundenen Risiken seien "nicht bewusst".