Für die Verbesserung der Schmerztherapie könnte es ein wichtiger Fortschritt sein: Dank neu entwickelter molekularer Sonden lässt sich das Verhalten einzelner Opioid-Rezeptoren jetzt sehr genau untersuchen.
Starke Schmerzmittel sind bei der Therapie von Krebs und Herzinfarkten sowie in der operativen Medizin sehr wichtig. Sie entfalten ihre Wirkung, indem sie im Körper an die Opioid-Rezeptoren binden. Diese Schmerzmittel haben eine hervorragende Wirksamkeit, aber auch schwere Nebenwirkungen. Da ist zum einen die Gefahr der Abhängigkeit, zum anderen kommt es bei den Patientinnen und Patienten zur Toleranzentwicklung.
Schmerzmittel mit weniger drastischen unerwünschten Wirkungen bei gleich guter Wirksamkeit wären darum sehr wünschenswert. Auf diesem Gebiet forscht Michael Decker, Professor für Pharmazeutische und Medizinische Chemie an der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg. Sein Team will unter anderem das Grundlagenwissen über die Opioid-Rezeptoren erweitern.
Das Team hat sich mit einer Frage befasst, die in der Wissenschaft bislang kontrovers diskutiert wird. "Bis jetzt ist unklar, ob die schmerzstillende Wirkung von einzelnen Opioid-Rezeptoren vermittelt wird oder ob es dafür nötig ist, dass sich die Rezeptoren zu Paaren oder größeren Verbünden aggregieren", erklärte Decker. Für all diese Möglichkeiten seien schon Belege gefunden worden.
"Unsere Ergebnisse dürften die bisher widersprüchlichen Annahmen nun versöhnen", sagte Davide Calebiro, der bis vor kurzem an der JMU geforscht hatte: "Tatsächlich liegen die meisten Opioid-Rezeptoren einzeln in der Zellmembran vor. Ein kleiner Teil bildet aber Zweierpaare. Deren Lebensdauer ist zwar sehr kurz, aber sie sind statistisch signifikant nachweisbar."
Dieser Befund könnte sehr wichtig sein: "Es gibt Hinweise darauf, dass die Rezeptorpaare andere pharmakologische Wirkungen haben als einzelne Rezeptoren", sagte Decker. Darum könnten auf Basis dieses Wissens vielleicht neue Schmerzmittel entwickelt werden, die ein günstigeres Wirkprofil besitzen.
Zu seinem Ergebnis kam das Forschungsteam, weil es zuvor hochselektive Fluoreszenzliganden für einen Subtypen der Rezeptoren entwickelt hat, für den sogenannten mu-Opioid-Rezeptor (MOR). Dieser ist der wichtigste der drei Rezeptor-Subtypen. An ihm wird die gewünschte schmerzstillende, aber auch die suchterzeugende Wirkung ausgelöst. Die neuen Liganden sind als molekulare Sonden nutzbar, um den Rezeptor hochspezifisch zu kennzeichnen und sein Verhalten mittels Einzelmolekül-Fluoreszenzmikroskopie in lebenden Zellen zu beobachten.
Nun arbeiten die Forschenden daran, auch für die beiden anderen Rezeptor-Subtypen (delta und kappa; DOR und KOR) fluoreszierende Liganden herzustellen, um deren Verhalten in der Zellmembran ebenfalls zu analysieren. Beim KOR ist das bereits gelungen.