Zwei Ideen, zwei Branchen: Ein spezielles Silber-Gewebe soll die Verbreitung multiresistenter Keime im Krankenhaus verhindern, die Entwicklung eines Tüftlers aus dem Erzgebirge für saubere Böden sorgen.
Mit routiniertem Griff drückt Anke Preußner ein Gelpad gegen den Vorhang eines Patientenzimmers. "Ich führe einen sogenannten Abklatsch durch, eine mikrobielle Umgebungsuntersuchung", erklärt die Hygienefachkraft des Dresdner Universitätsklinikums Carl Gustav Carus. Eine Woche lang werde die Probe bei 37 Grad bebrütet und anschließend ihre Belastung mit multiresistenten Keimen (MRSA) gemessen. All das ist Teil einer halbjährigen Studie, die zeigen soll, ob ein spezielles technisches Textil "made in Sachsen" Vorteile gegenüber herkömmlichen Stoffen bietet.
Der Clou: In diesen Spezialstoff aus dem erzgebirgischen Geyer sind Fäden aus reinem Silber eingewebt. Durch die natürliche Luftfeuchtigkeit werden laut Hersteller Silber-Ionen freigesetzt, die sich an den MRSA-Keimen anlagern und deren DNA angreifen. Damit vermehren sich die Erreger nicht weiter. "Nach einer Laborstudie im vergangenen Jahr testen wir das Material nun in der Praxis", sagt Jörg Brändl. Der Geschäftsführer des gleichnamigen Textilunternehmens kümmert sich um Produktion und Vertrieb des Gewebes.
Die Idee für "BacteriaEx", so der Markenname, hatte das Unternehmen Spengler und Fürst, das inzwischen verstärkt auf technische Textilien setzt.
Mit Unterstützung des Branchenverbands vti arbeiten beide Unternehmen seit zwei Jahren an dem silberhaltigen Hightech-Gewebe, das nach bisherigen Erkenntnissen binnen einer Stunde 99,9 Prozent Bakterienfreiheit erzielen soll. "Neben der Uniklinik, wo Fenster- und Duschvorhänge getestet werden, läuft im Elblandklinikum Meißen eine weitere Testreihe mit Bettwäsche und Spannbettlaken", erläutert Brändl.
Demnach verliert das Gewebe seine antibakterielle Wirkung weder durch Waschen noch über die Einsatzzeit und bietet denselben Komfort wie herkömmliche Textilien. Erst im vergangenen Jahr machten MRSA-Keime in Sachsen Schlagzeilen, als zwei Patienten mit schweren Vorerkrankungen in Folge einer Infektion in einem Dresdner Krankenhaus starben. Für Menschen mit intaktem Immunsystem sind die Erreger in der Regel harmlos. Für geschwächte Patienten, etwa auf einer Intensivstation, sowie für das medizinische Personal können sie jedoch zum Problem werden.
Zwar sind MRSA-Infektionen laut Robert-Koch-Institut (RKI) seit einigen Jahren rückläufig. Dennoch treten die hartnäckigen Krankenhauskeime in Sachsen noch immer vergleichsweise häufig auf: Pro 100.000 Einwohner wurden 2018 in Sachsen nach jüngsten Angaben des RKI 4,41 Fälle gemeldet. Die Dunkelziffer wird jedoch deutlich höher geschätzt, weil nicht alle MRSA-Infektionen meldepflichtig sind.
Keine 40 Kilometer von Geyer entfernt begann vor Jahren ein anderer Erzgebirger an einer weiteren Innovation gegen Keime zu tüfteln - und entdeckte dabei eine Marktlücke. Volker Queck betreibt in Stützengrün einen Einrichtungsfachmarkt. Nebenher entwickelte er einen Edelstahlboden, der so einfach zu verlegen ist wie Laminat. Die 30 mal 90 Zentimeter großen Edelstahlplatten werden schwimmend verlegt, ein Gummimaterial sorgt für die Trittschalldämmung.
Neben der Nutzung in medizinischen Einrichtungen, wo der Edelstahl die erforderliche Keimfreiheit biete, seien die Einsatzmöglichkeiten vielfältig. Aktuell sucht Queck einen Produzenten.